Politik

"Schläge und Vergewaltigung" Amnesty: Türkei foltert Häftlinge

Türkische Polizisten führen einen Mann ab.

Türkische Polizisten führen einen Mann ab.

(Foto: picture alliance / dpa)

Seit dem Putschversuch sind Tausende Türken in Gefängnissen verschwunden. Dort drohen ihn Misshandlungen und Folter, berichtet Amnesty International. Manche werden an "inoffiziellen Orten" wie in Ställen festgehalten.

Amnesty International hat nach eigenen Angaben "glaubwürdige Hinweise" auf Misshandlungen und sogar Folter von festgenommenen Verdächtigen in der Türkei. Die Menschenrechtsorganisation forderte die Türkei auf, unabhängigen Beobachtern Zugang zu allen Einrichtungen zu gewähren, in denen die mehr als 13.000 Verdächtigen festgehalten würden.

"Berichte von Misshandlungen inklusive Schlägen und Vergewaltigung in Polizeigewahrsam sind extrem alarmierend", erklärte Europa-Direktor John Dalhuisen in einer Mitteilung. Die Regierung müsse diese "abscheulichen Praktiken" sofort stoppen.

Amnesty kritisierte das am Samstag erlassene Dekret von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der erste Erlass unter dem am Donnerstag verhängten Ausnahmezustand erlaubt unter anderem, dass Behördenvertreter bei Treffen von Verdächtigen und Anwälten anwesend sein und diese in Ton- oder Videoaufnahmen aufnehmen dürfen. Dokumente, die zwischen Festgenommenen und Anwälten ausgetauscht werden, können beschlagnahmt werden. Amnesty bemängelte, damit werde das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren unterlaufen.

Die Organisation teilte mit, sie habe mit Anwälten, Ärzten und einem Diensthabenden an einem Ort gesprochen, wo Festgenommene festgehalten würden. Ihr lägen mehrere Berichte vor, wonach Verdächtige an "inoffiziellen Orten" wie Sportzentren oder in einem Stall gehalten würden. Nach diesen Berichten habe die Polizei Festgenommenen unter anderem Essen, Wasser und medizinische Behandlung verweigert. Polizisten hätten Verdächtige demnach "Schlägen und Folter unterworfen, inklusive Vergewaltigung und sexuelle Nötigung".

Ein türkischer Regierungsvertreter wies die Vorwürfe "kategorisch" zurück. Menschenrechtsgruppen sollten das Vorgehen der Behörden "unparteiisch" schildern. Vorgegangen werde gegen jene, die während des Putsches "250 Zivilisten kaltblütig ermordet haben", fügte der Regierungsvertreter hinzu.

Tausende in Gefängnissen

Seit dem Putschversuch wurden in der Türkei nach Regierungsangaben mehr als 13.000 Menschen in Gewahrsam genommen, darunter gut 8800 Armeeangehörige, fast 1500 Polizisten und 2100 Richter und Staatsanwälte. Laut einem neuen Dekret sollen außerdem sämtliche Staatsbedienstete entlassen werden, die zu "Terrororganisationen" oder Gruppen gehören, welche "gegen die nationale Sicherheit handeln".

Erdogan beschuldigt den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen und seine Anhänger, hinter dem Umsturzversuch vom 15. Juli zu stehen. Gülen weist dies zurück. Seit dem Putschversuch geht die islamisch-konservative Regierung mit aller Härte gegen Gülen-Anhänger vor. Die US-Regierung wisse, das Gülen "hinter dem Putsch steht", sagte Justizminister Bekir Bozdag. Der Europa-Minister Ömer Celik sagte, die Gülen-Bewegung sei "brutaler" als die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat. Agrarminister Faruk Celik sagte, "diese Leute als Tiere zu bezeichnen, ist hochgradig beleidigend für Tiere".

Am Samstag wurden auch ein Neffe des 75-jährigen Predigers, Muhammet Sait Gülen, sowie die angebliche rechte Hand Gülens in der Türkei, Halis Hanci, festgenommen. Hanci, der in der Schwarzmeer-Provinz Trabzon verhaftet wurde, soll in der Gülen-Bewegung für Finanztransfers zuständig gewesen sein.

In Istanbul demonstrierten am Sonntagabend Zehntausende Anhänger und Gegner Erdogans gemeinsam für den Erhalt der Demokratie. Die sozialdemokratische Oppositionspartei CHP hatte zu der Kundgebung aufgerufen. Die Regierungspartei AKP, deren Anhänger bereits seit Tagen zu Zehntausenden auf die Straße gehen, schloss sich dem Aufruf an.

Quelle: ntv.de, sba/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen