Kita-Besuch ist kein Garant Arme Kinder liegen früh zurück
13.03.2015, 06:10 Uhr
Ist die Familie arm, sind die Startschwierigkeiten vergleichsweise schlecht für das Kind.
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Sprachprobleme, Koordinationsschwierigkeiten und Konzentrationsschwächen: Bereits zur Einschulung haben Kinder aus armen Familien oftmals erhebliche Defizite im Vergleich zu ihren Altersgenossen aus wohlhabenderen Familien.
Kinder aus prekären Verhältnissen haben einer Studie zufolge bereits zu Beginn der Schulzeit erhebliche Defizite. Die Fünf- und Sechsjährigen aus Familien, die Hartz IV beziehen, sprechen demnach schlechter Deutsch, haben Probleme beim Zählen und können sich schlechter konzentrieren, wie aus der jüngsten Bertelsmann-Studie hervorgeht. Zudem seien sie häufiger übergewichtig und verfügten über geringere Koordinationsfähigkeiten. Unter dem Strich kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass "Kinderarmut ein Risiko für gelingendes Aufwachsen ist".
Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung haben das Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) an der Universität Bochum und die Stadt Mülheim an der Ruhr gut 5000 Schuleingangsuntersuchungen aus den Jahren 2010 bis 2013 ausgewertet.
Demnach sprechen 43 Prozent der armutsgefährdeten Kinder mangelhaft Deutsch. Bei wohlhabenderen Familien traf dies nur auf jedes siebte Kind zu. Schwierigkeiten beim Zählen hatten 28 Prozent der Kinder aus Hartz-IV-Haushalten. Bei den übrigen lag der Anteil bei rund 12 Prozent. Probleme mit der Körperkoordination wies demnach gut jedes vierte Kind auf, das von staatlicher Grundsicherung lebt. Bei den übrigen traf dies auf knapp 15 Prozent zu. Ähnlich ist den Angaben zufolge das Verhältnis bei der Koordination von Auge und Hand.
Kita-Besuch gut - aber keine Garantie
Wie die Forscher weiter mitteilten, gehen die Auffälligkeiten einher mit einer geringeren Teilhabe der armutsgefährdeten Kinder an sozialen und kulturellen Angeboten. So gehe nur jedes dritte Kind aus diesen Familien in eine Kita. Bei den anderen trifft dies hingegen auf jedes zweite Kind zu. Immerhin sind 46 Prozent der sozial benachteiligten Kinder vor Schuleintritt in einem Sportverein. Doch von ihren Altersgenossen aus bessergestellten Familien sind es 77.
Allerdings sei ein früherer Kita-Besuch kein Garant, um die negativen Folgen von Kinderarmut zu verringern. Zweifelsohne könne dies aber der Fall sein, urteilen die Experten. Vor allem müssten die Gruppen in den Einrichtungen sozial gemischt sein. Denn eine hohe Armutskonzentration, vor allem in der Kita, wirke "benachteiligend auf die Entwicklung von Kindern", heißt es. Doch gerade in sozialen Brennpunkten könnten die Kitas das nicht leisten. Diese bräuchten mehr Geld, mehr Personal und andere Förderangebote, sagte Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. In Mülheim etwa liegen in einigen Stadtvierteln die Armutsquoten über 50 Prozent.
Zusammen mit dem Land hat die Stiftung in Nordrhein-Westfalen in 18 Städten und Kreisen das Pilotprojekt "Kein Kind zurücklassen" initiiert. Dabei sollen Kommunalpolitik und Verwaltung sogenannte Präventionsketten bilden, um die Entwicklung armutsgefährdeter Kinder frühzeitig zu fördern - etwa durch eine gezielte Ansprache der Familien sowie eine engere Kooperation von Kitas, sozialen Diensten und Vereinen.
In Nordrhein-Westfalen leben den Angaben zufolge rund 20 Prozent aller unter Dreijährigen in Familien, die auf Sozialgeld angewiesen sind. Jeder zweite Sechsjährige aus prekären Verhältnissen lebt schon seit mindestens vier Jahren in der staatlichen Grundsicherung.
Quelle: ntv.de, jwu