Politik

Kämpfe um Berg-Karabach Armenien spricht von "bewaffnetem Überfall"

Angela Merkel und der Präsident von Armenien, Sersch Sargsjan, bei ihrem Zusammentreffen in Berlin.

Angela Merkel und der Präsident von Armenien, Sersch Sargsjan, bei ihrem Zusammentreffen in Berlin.

(Foto: dpa)

Bei seinem Besuch in Berlin erhebt der armenische Präsident schwere Vorwürfe gegen Aserbaidschan. Derweil mahnt Merkel zu einer friedlichen Lösung zwischen den beiden Konfliktparteien. Immerhin hält die Waffenruhe - oder doch nicht?

Armeniens Präsident Sersch Sargsjan hat von der internationalen Gemeinschaft die Anerkennung des Rechts der Bevölkerung von Berg-Karabach auf Selbstbestimmung gefordert. Die Menschen in der Kaukasus-Region wollten "über das eigene Schicksal selbst verfügen und die eigene Zukunft frei meistern", sagte er bei seinem Besuch in Berlin. Das müsse die Weltgemeinschaft anerkennen. Aserbaidschan warf er einen "bewaffneten Überfall" auf Berg-Karabach vor.

Konfliktherd im Südkaukasus: Armenien hält in der Region Berg-Karabach Teile des Staatsgebiets von Aserbaidschan besetzt.

Konfliktherd im Südkaukasus: Armenien hält in der Region Berg-Karabach Teile des Staatsgebiets von Aserbaidschan besetzt.

(Foto: n-tv.de / stepmap.de)

Armenien und Aserbaidschan streiten seit Jahrzehnten um das Gebiet Berg-Karabach, das mehrheitlich von Armeniern bewohnt wird. Seit dem Wochenende wurden bei Kämpfen mehrere Dutzend Menschen getötet. Am Dienstag trat eine Waffenruhe in Kraft. "Das Volk Berg-Karabachs will keinen Krieg", sagte Sargsjan an der Seite von Bundeskanzlerin Angela Merkel, "sondern etwas, für das alle kolonialisierten Völker immer gekämpft haben". Seit 1988 seien die Menschen in Berg-Karabach dazu gezwungen, für ihre Freiheit zu kämpfen. "Sie erwarten von der internationalen Gemeinschaft nur eins, nämlich die Anerkennung dieses ihres Rechts."

Der Präsident warf Aserbaidschan vor, die "friedliche Bevölkerung" in Berg-Karabach in einem "breit angelegten bewaffneten Überfall" angegriffen zu haben. Dies geschehe unter Missachtung der mehr als 20 Jahre andauernden Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, den Konflikt friedlich zu lösen. Die Regierung in Baku stelle sich kategorisch gegen vertrauensbildende Maßnahmen, so Sarkissjan.

Merkel: Deutschland wird "konstruktiv helfen"

Kanzlerin Merkel sagte dazu, der Konflikt sei schon viele Jahre nicht gelöst. Was 23 Jahre dauere, sei auch jetzt durch einen Besuch oder einen neuen Anlauf nicht einfach zu lösen. Deutschland werde aber "konstruktiv helfen", um den Konflikt zu überwinden. Im Juni plane sie ein Treffen mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew, um den Konflikt auch aus dieser Perspektive zu diskutieren, sagte Merkel.

In Berg-Karabach erklärte das von Armenien unterstützte dortige Verteidigungsministerium derweil, die Feuerpause entlang der Frontlinie sei über Nacht "weitgehend eingehalten" worden. Auch ein AFP-Fotograf in der Ortschaft Matagis in Berg-Karabach berichtete, dass die Nacht "ruhig und ohne Schüsse" verlief. Er hielt sich etwa zehn Kilometer von der Frontlinie entfernt auf.

Das Verteidigungsministerium in Aserbaidschan erklärte seinerseits, die Streitkräfte des Landes hielten sich "strikt" an die Vereinbarung, die Waffen ruhen zu lassen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Armenien berichtete dann am Mittwoch von sporadischen Schüssen, "darunter von Panzern". Diese seien aber "nicht so intensiv" gewesen wie in den vergangenen Tagen.

Wie schlimm ist der Beschuss?

Ein Armeevertreter in Berg-Karabach sagte dem AFP-Fotografen vor Ort dazu, gelegentliche Schüsse seien "seit Jahren eine normale Sache an der Frontlinie". Das bedeute nicht, dass die Waffenruhe gescheitert sei. Auf die Feuerpause hatten sich die Armeechefs von Armenien und Aserbaidschan am Dienstag bei einem Treffen in Moskau geeinigt.

Neben Merkel riefen auch Russland und Frankreich zur Einhaltung der Waffenruhe auf. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warf unterdessen Russland vor, für Armenien "Partei zu ergreifen". Die türkische Regierung hatte ihrerseits Aserbaidschan mehrfach ihre Unterstützung zugesichert.

Armenien hatte lange Zeit als aussichtsreicher EU-Beitrittskandidat gegolten. Im Januar 2015 entschloss sich das Land jedoch, der von Russland dominierten Eurasischen Wirtschaftsunion beizutreten. Merkel betonte, dass diese Entscheidung aus EU-Sicht respektiert werde. "Wir wollen nicht das Entweder-Oder", sagte sie.

Die jüngsten Kämpfe in Berg-Karabach waren die schwersten in der Region seit mehr als 20 Jahren. Die mehrheitlich armenische Region hatte sich Anfang der 90er Jahre in einem Bürgerkrieg mit Unterstützung Armeniens von Aserbaidschan abgespalten.

Quelle: ntv.de, kpi/dpa/rts/DJ/AFP

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