Politik

Neues Kapitel in Affäre? BND sollte für NSA bei Siemens schnüffeln

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(Foto: picture alliance / dpa)

Siemens liefert Kommunikationstechnik an den russischen Geheimdienst. Für dieses Geschäft interessiert sich auch der US-Geheimdienst NSA - und soll beim BND um Hilfe gebeten haben. Derweil werden andere Partnerdienste nervös.

Der BND sollte nach einem Medienbericht auch in einem zweiten Fall einen deutschen Konzern für den US-Geheimdienst NSA ausspionieren. Die Amerikaner hätten versucht, mit Hilfe des Bundesnachrichtendienstes Siemens "massiv auszuspähen", berichtete die "Bild am Sonntag", ohne Quellen zu nennen. Unklar sei, ob der BND tatsächlich für die NSA aktiv geworden sei.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte am Montag erklärt, Kanzlerin Angela Merkel habe ihm versichert, dass es keine Hinweise auf Wirtschaftsspionage über den Fall EADS (heute: Airbus) hinaus gebe.

US-Geheimdienststellen begründeten laut dem Bericht den Spähangriff auf Siemens mit der Lieferung von Kommunikationstechnologie an den russischen Geheimdienst SSSN. Ein Unternehmenssprecher sagte: "Siemens sind keinerlei Fakten im Verantwortungsbereich des Unternehmens bekannt, die eine Motivation von nachrichtendienstlicher Seite nachvollziehbar machen würde."

Auslöser der BND-Affäre ist der Verdacht, der deutsche Auslandsgeheimdienst könnte der NSA bei der Ausforschung deutscher Politiker und Unternehmen geholfen haben. Zuständig für den BND ist das Bundeskanzleramt.

BND schränkt Kooperation ein

Der BND hat Medienberichten zufolge inzwischen die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA offenbar drastisch eingeschränkt. Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR werden seit Beginn der Woche in der Station in Bad Aibling keine Internet-Verkehre, die bislang an den US-Geheimdienst weitergeleitet wurden, mehr erfasst.

Zuvor habe der BND in Absprache mit dem Kanzleramt eine Forderung an die USA übermittelt: Zu jeder Person oder Institution, die die NSA an die Deutschen übermittelt hatten, müsse eine ausdrückliche Begründung für die Überwachung geliefert werden. Die Aufforderung sei eine Reaktion auf die jüngsten Enthüllungen gewesen, hieß es. Danach habe die NSA die Station offenkundig dazu missbraucht, europäische Politiker, EU-Institutionen und Spitzenbeamte befreundeter europäischer Staaten zu überwachen. Nach kurzer Prüfung habe die NSA erklärt, keine Begründungen liefern zu können.

Das Kanzleramt verhandelt nach eigenen Angaben zurzeit mit der US-Regierung darüber, ob sie umstrittene NSA-Suchaufträge, sogenannte Selektoren, veröffentlichen darf, mit denen der BND in Bad Aibling seit Jahren für die USA spionieren sollte und spioniert hat.

Knausern Partner künftig mit Infos?

Nach Informationen von "Bild am Sonntag" haben die Amerikaner das Ersuchen aber bereits abgelehnt, da laufende Operationen gefährdet werden könnten. Falls Deutschland gegen den Willen der Amerikaner US-Geheimdienstinformationen veröffentliche, drohten die USA damit, den Informationsaustausch auf Terrorwarnungen zu reduzieren. Hochauflösende Satellitenbilder von Krisenregionen oder bei Entführungen deutscher Staatsbürger sollen dann nicht mehr geliefert werden.

Der "Welt am Sonntag" zufolge belastet die Affäre inzwischen auch die Zusammenarbeit des BND mit anderen Partnerdiensten. Wie die Zeitung unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete, wandten sich in den vergangenen Tagen Vertreter mehrerer ausländischer Geheimdienste an den BND und stellten die Kooperation infrage. Sie sollen sich demnach besorgt gezeigt haben, weil zuletzt zahlreiche geheime Informationen über Projekte zwischen dem deutschen Auslandsdienst und der NSA an die Öffentlichkeit gelangt seien oder im NSA-Untersuchungsausschuss noch zur Sprache kommen könnten. Der BND kooperiert aktuell mit 451 Geheimdiensten aus 167 Ländern.

Derweil warnte CDU-Vize Volker Bouffier vor einem langfristigen Schaden für die große Koalition. Der "Welt" sagte er: "Herr Gabriel hat der Verlockung, irgendwie mal die Kanzlerin dranzukriegen, nicht widerstanden." Er habe dabei einen möglichen langfristigen Schaden nicht bedacht. Hintergrund sind Berichte, denen zufolge SPD-Chef Gabriel den Plan entwickelte, Merkel gezielt unter Druck zu setzen. Dafür habe er sich auch im Parteipräsidium Rückendeckung geholt.

Unionsfraktionschef Volker Kauder ging im SWR davon aus, der Vorfall stelle keine dauerhafte Belastung dar. Diese Darstellung stützte auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in der "Neuen Osnabrücker Zeitung": Es gebe keine "Eiszeit" zwischen Merkel und Gabriel.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts/DJ

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