"Habe mich enthumanisiert" Breivik spricht übers Töten
20.04.2012, 11:21 Uhr
Für die Hinterbliebenen ist es der wohl härteste Verhandlungstag im Prozess gegen den Massenmörder Anders Breivik: Dieser schildert die Morde auf der Insel Utøya und seine mentale Vorbereitung darauf. Für eine solche Brutalität sei eine gezielte emotionale Abstumpfung nötig, prahlt Breivik vor Gericht. Zu seinen Vorbildern zähle die Terrororganisation Al-Kaida.
Der Attentäter von Oslo und Utøya hat sich mental auf seine Taten vorbereitet. Um so viele Menschen zu töten, habe er sich emotional abkapseln müssen, berichtete er am fünften Verhandlungstag gegen ihn. "Man muss gefühlsmäßig abgestumpft sein, das muss man trainieren", sagte der 33-Jährige vor Gericht in Oslo.
"Ich bin normalerweise ein sehr sympathischer Mensch", sagte Breivik. In Vorbereitung auf die Anschläge habe er seit 2006 seine sozialen Kontakte abgebrochen und durch Meditation seine Emotionen zu kontrollieren geübt. Dies habe mehrere Jahre gedauert. Auch seine technische Sprache während der Verhöre sei ein Werkzeug. "Man kann niemanden töten, wenn man mental nicht vorbereitet ist", sagte Breivik. Er sei aber kein Narziss, der vor allem sich selbst liebe. "Ich fühle eine große Liebe für dieses Land. Das ist nicht normal, aber so bin ich."
Er habe sich zu der "Selbstmordaktion" entschlossen, nachdem er alle "friedlichen Mittel" zur Umsetzung seiner nationalistischen Ziele ausgeschöpft habe, sagte Breivik. Er ging demnach davon aus, selbst getötet zu werden. Den Medien warf er erneut vor, systematisch die nationalistische Ideologie zu zensieren.
Studium der Vorgehensweise von Terrororganisationen
Für seine Attentate hat sich der Breivik nach eigenen Aussagen von der Terrororganisation inspirieren lassen. "Ich habe viel von Al-Kaida gelernt", sagte Breivik. Die Organisation sei so erfolgreich, weil sie Selbstmordattentäter einsetze. Das "Problem" mit militanten Islamisten sei aber, dass sie zu sehr auf Sprengstoff und nicht auf Amokläufe mit Schusswaffen setzten. Dennoch habe er die Organisation mehrere hundert Stunden lang im Internet und über Filme studiert und eine Art "Al-Kaida für Christen" schaffen wollen.
Auch andere Terrororganisationen habe er studiert. "Die Schwäche der ist, dass sie den Tod fürchten und nicht an das Leben nach dem Tod glauben. Der Vorteil von Al-Kaida ist, dass sie das Märtyrertum glorifizieren", sagte der Massenmörder.
Anders Behring Breivik hat gestanden, am 22. Juli 2011 insgesamt 77 Menschen getötet zu haben, davon befanden sich 69 auf der Ferieninsel Utøya. Er gibt an, zu einem Netzwerk europäischer Nationalisten zu gehören, die sich nennen. Die Existenz dieses Netzwerks steht in Frage.
Breiviks Anwalt Geir Lippestad hatte die Überlebenden und Hinterbliebenen der Anschläge darauf gefasst gemacht, dass die Verhandlung am heutigen Freitag "der härteste Tag" des Prozesses werden dürfte. Die Norweger . Viele sehnen die Verkündung des Urteils herbei, um mit den Erlebnissen abschließen zu können. Weiterhin unklar ist, ob Breivik überhaupt für erklärt wird und verurteilt werden kann. Sollte das nicht passieren, würde er wohl in eine geschlossene Psychiatrie eingewiesen werden und könnte dann regelmäßig seine Entlassung beantragen.
Quelle: ntv.de, che/dpa/AFP