Politik

Wettbüros senken die Quoten Brexit-Anhänger fühlen sich im Aufwind

Gehen Großbritannien und EU getrennte Wege? Darüber wird in zehn Tagen entschieden.

Gehen Großbritannien und EU getrennte Wege? Darüber wird in zehn Tagen entschieden.

(Foto: dpa)

Die Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Doch auch die Wettbüros geben die Stimmung vor dem Brexit-Entscheid wieder. Neue Quoten lassen Investoren aufhorchen und einen Ex-Premier aktiv werden.

Zehn Tage vor dem Referendum gewinnen die Befürworter eines Austritts Großbritanniens aus der EU deutlich an Rückenwind. In den Wettbüros wurden die Chancen eines Brexit so hoch eingeschätzt wie noch nie seit Ankündigung der Volksabstimmung vor vier Monaten. Nach Angaben des Online-Wettanbieters Betfair stieg die Wahrscheinlichkeit auf 36 Prozent. Das bedeutet zwar, dass die Aussichten für einen Verbleib der Briten in der Europäischen Union mit 64 Prozent immer noch deutlich höher waren. Aber der Rückgang der Quote seit vergangenem Donnerstag fiel mit 14 Punkten beachtlich aus.

Der Buchmacher William Hill bot Wettern, die auf einen Brexit setzen, daher nur noch die Hälfte des bisher in Aussicht gestellten Gewinns, wie ein Sprecher sagte. Falls die Wähler sich am Donnerstag kommender Woche (23. Juni) für einen Abschied aus der EU entscheiden, gibt es demnach bei einem Wetteinsatz von vier Pfund nur noch sieben Pfund zusätzlich oben drauf.

Quoten in Echtzeit

Investoren schauen mit großem Interesse auf die nahezu täglich veröffentlichten Quoten der Buchmacher. "Wetten sind der Versuch der Märkte, die Umfragen zusammenzufassen und von all deren Anfälligkeiten zu bereinigen", sagt Fondsmanager Paul Lambert von Insight Investment. Aus Investorensicht haben die "Bookies" noch einen anderen Vorteil: Sie können ihre Quote praktisch in Echtzeit anpassen, nicht zuletzt auch dank der Online-Wettbörsen. Sie sind dadurch schneller als die Meinungsforscher, die für ihre Prognosen Tausende Wähler anrufen müssen.

Die neuen Zahlen dürften Premier Cameron, der für einen EU-Verbleib ist, einiges Kopfzerbrechen bereiten.

Die neuen Zahlen dürften Premier Cameron, der für einen EU-Verbleib ist, einiges Kopfzerbrechen bereiten.

(Foto: dpa)

Der Rückgang der Wettquote ist indes auch das Ergebnis einer neuen Meinungsumfrage des Instituts ORB für die Zeitung "The Independent". Demzufolge liegen die Befürworter eines Brexit zehn Prozentpunkte vor den Gegnern. Bislang zeigen die zahlreichen Umfragen allerdings keinen einheitlichen Trend. Solche Erhebungen werden mit besonderem Argwohn betrachtet, nachdem der Wahlsieg von Premierminister David Cameron im vergangenen Jahr viel deutlicher ausfiel als erwartet. An den Finanzmärkten steigt seit Tagen die Angst vor einem Brexit. Viele Investoren befürchten einen wirtschaftlichen Rückschlag für ganz Europa, sollten die Briten sich aus der Union verabschieden.

Brown startet "Blitz"-Kampagne

Derweil startete Ex-Premierminister Gordon Brown von der oppositionellen Labour-Partei eine "Blitz"-Kampagne, um die Briten noch für den Verbleib in der EU zu gewinnen. "Das Vereinigte Königreich hat Europa in schwierigen Zeiten stets den Weg aufzeigen können, es wird Zeit, dass wir wieder zu Anführern werden", sagte er der BBC. Brown bemühte sich um eine positive Botschaft und hob sich damit von der bisherigen Kampagne der Brexit-Gegner ab, in der vor allem Horrorszenarien aufgemalt wurden.

Alarmiert durch die guten Umfragewerte des Brexit-Lagers hatte Labour vor wenigen Tagen beschlossen, in der Pro-EU-Kampagne einen Gang hoch zu schalten. Beim Unabhängigkeitsreferendum in Schottland vor zwei Jahren hatte Brown nach Ansicht vieler Beobachter großen Anteil daran, dass sich die Schotten schließlich doch für den Verbleib im Königreich entschieden.

Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon forderte ihre Landsleute auf, am Referendum über einen Verbleib in der EU teilzunehmen. Schottische Stimmen könnten entscheidend sein, gerade wenn das Referendum so knapp ausgehen sollte, wie die Umfragen nahelegten, sagte Sturgeon der Nachrichtenagentur PA zufolge. Im Falle eines Brexits - also eines Ausscheidens aus der EU - sei ein zweites Unabhängigkeitsreferendum in Schottland sehr wahrscheinlich, fügte Sturgeon hinzu. Ein erster Versuch, Schottland per Volksentscheid aus dem Vereinigten Königreich herauszulösen, scheiterte 2014. Die Schotten sind laut Befragungen überwiegend für einen Verbleib Großbritanniens in der EU.

Quelle: ntv.de, mli/rts/AFP/dpa

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