Rechnungshof rügt Ministerium Bundeswehr-Datennetz ist extrem mangelhaft
06.07.2016, 12:20 Uhr
Der Bericht des Rechnungshofs dürfte von der Leyen nicht gefallen: Sie erklärte jüngst die Cyber-Sicherheit zur Priorität.
(Foto: dpa)
Der Rechungshof deckt offenbar erhebliche Sicherheitsmängel im IT-System der Bundeswehr auf. Laxe Kontrollen machten das Datennetz unsicher, warnen die Experten. Sogar die Einsatzbereitschaft der Truppe könnte gefährdet sein.
Im Datennetz der Bundeswehr gibt es offenbar erhebliche Sicherheitslücken. Das legt ein vertraulicher Bericht des Bundesrechnungshofs vom 22. Juni nahe, über den der "Spiegel" berichtet. Demnach bemängeln die Experten, dass die Bundeswehr den Zugang zu sensiblen Daten nicht ausreichend kontrolliere. Und an dieser Stelle hören die Mängel noch längst nicht auf.
Im Fokus der Kritik steht die Inhouse-Firma BWI IT, die als Joint Venture mit Partnern wie IBM (0,05 Prozent) und Siemens (50,05 Prozent) alleiniger Kommunikationsprovider der Bundeswehr ist. Aus Meckenheim bei Bonn betreibt die BWI das Datennetz der Truppe - dieses umfasst immerhin rund 140.000 Rechner und alle Leitungen zwischen den Standorten. Der Leistungsverbund zur Standardisierung und Modernisierung, zu dem die BWI IT gehört, bildet die größte öffentlich-private Partnerschaft in Europa.
Ende des Jahres soll die BWI IT vollständig von der Bundeswehr übernommen werden - der Rechnungshof prüft deswegen aktuell die Ministeriums-Vorgaben. Und das Urteil der Prüfer vom Bundesrechnungshof ist alarmierend. Wie der "Spiegel" berichtet, könne man "durch fehlende Kontrollen" des Ministeriums bei der BWI IT "nicht ausschließen, dass Daten soweit verändert werden, dass dies die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr gefährdet".
Keine Checks bei Admin-Rechten
Aus Sicht der Experten sei es "unverständlich", dass die Bundeswehr die Vertraulichkeit und Integrität ihrer teils von externen Mitarbeitern verwalteten Daten nicht besser kontrolliere. Es gebe keine Checks, wer als System-Administrator der BWI Zugriff auf vertrauliche Kommunikation wie Personal- und Finanzdaten habe, bemängelt der Bericht. Auch ein konkretes Beispiel wird genannt: Bei Stichproben kam offenbar heraus, dass die Zugriffsrechte für einen Teil des Netzes, der jährlich Zahlungen von rund acht Millionen Euro freigibt, nicht ein einziges Mal kontrolliert wurden. Ein Missbrauch sei dementsprechend leicht möglich, beanstanden die Prüfer.
Neben der Gefahr von Veruntreuung drohen auch die Manipulation und der Diebstahl von sensiblen Daten. Wohin der unkontrollierte Zugriff von System-Administratoren führen kann, zeigte zuletzt der Fall Edward Snowden. Als Angestellter eines NSA-Subunternehmens stahl er Tausende geheime Dokumente und löste die NSA-Affäre aus.
Das Ministerium von Ursula von der Leyen soll die Probleme laut "Spiegel" bereits eingeräumt haben, wie aus einer Stellungnahme an den Bundesrechnungshof hervorgeht. Experten des Cyber Responsibility Teams der Bundeswehr (CertBw) sollen Zugang zu den BWI-Protokollen bekommen und den Datenzugriff im sensiblen Bereich kontrollieren. Von der Leyen, die das Thema Cyber-Sicherheit jüngst zur Top-Priorität machte, dürften derartige Negativschlagzeilen dennoch ins Mark treffen.
Finanzplanung ist mangelhaft
Mit dem Problem der Datensicherheit ist es indes noch nicht getan. Auch in finanziellen Fragen übt der Rechnungshof offenbar Kritik. Dem "Spiegel" zufolge bemängeln die Prüfer, dass die Bundeswehr viel zu viel Geld in die BWI gesteckt habe - also mindestens 124 Millionen Euro mehr als vertraglich vereinbart. Das Geld müsse zurückgefordert werden, mahnen die Experten.
Heikel ist indes auch die Kritik an der Vergütung des designierten neuen BWI-Chefs Ulrich Meister. Im Zuge des Umstrukturierung des Datennetzes holte man den Top-Manager aus der freien Wirtschaft an Bord: Er soll bei der Truppe laut "Spiegel" ein Jahresgehalt von fast einer halben Millionen Euro plus Dienstwagen erhalten. Das sind Dimensionen, die in der Privatwirtschaft normal sein mögen - im Ministerium könnten sie sogar rechtswidrig sein.
Boni für Beschäftigte von Bundes-Unternehmen, schreiben die Prüfer des Rechnungshofs, dürften nur gezahlt werden, wenn die Firmen in einem Wettbewerbsumfeld agierten. Bei der BWI, die als Provider der Bundeswehr keinerlei Konkurrenten habe, sei dies nicht der Fall.
Quelle: ntv.de, jgu