Leitantrag wird wohl umformuliert CSU denkt über Sprachvorgabe nach
08.12.2014, 13:52 Uhr
CSU-Chef Horst Seehofer hatte zunächst trotzig auf die Kritik reagiert. Seine Parteifreunde geben sich da etwas offener für Änderungswünsche.
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Die CSU will, dass in deutschen Stuben deutsch gesprochen wird. So versteht zumindest ganz Deutschland einen Satz, den die Partei als Leitantrag verabschieden will. Aus Bayern heißt es: alles ein Missverständnis. Trotzdem will man an dem Antrag nochmal feilen.
Die CSU will ihre Forderung abschwächen, Zuwanderer sollten in der Familie deutsch sprechen. "Es muss jeder zu Hause sprechen können, wie er möchte", sagte CSU-Vize Peter Gauweiler vor der Sitzung des Parteivorstands in München. Der umstrittene Satz im Leitantrag für den Parteitag Ende der Woche in Nürnberg müsse umformuliert werden.
Auch die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sagte: "Wir müssen uns über die Formulierung noch etwas Gedanken machen." Im bisherigen Entwurf für den Leitantrag heißt es: "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen." Der Satz hatte bundesweit Empörung ausgelöst, selbst in den Reihen der CSU.
Der Grundgedanke des Antrags sei richtig, sagte Hasselfeldt. "Es ist unbestritten, dass Sprache für Integration das Allerwichtigste ist." Die Aufforderung, in der Familie deutsch zu sprechen, will Hasselfeldt nicht als Pflicht, sondern als "Motivation und Anregung" verstanden wissen. "Nicht alles, was wünschenswert ist, muss in ein Gesetz mit Vorschriften und Kontrolle münden." Man wolle vielmehr eine Diskussion in der Öffentlichkeit anstoßen.
"Absurd", "menschenfeindlich", "gefährlich"
Generalsekretär Andreas Scheuer betonte, der Leitantrag bleibe in seiner Grundausrichtung bestehen: "Sprache ist der Schlüssel für eine gelungene Integration." In der Partei habe man den Antrag bereits breit diskutiert, auch der Integrationsbeauftragte Martin Neumeyer habe die Formulierung vorab erfahren. Neumeyer hatte den Vorschlag in der "Süddeutschen Zeitung" als "Schmarrn" bezeichnet.
Der Vorsitzende der Konservativen im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), sagte: "Wir wollen keine Sprachpolizei und niemanden im Wohnzimmer überwachen." Klar sei aber der Appell: "Jeder soll deutsch sprechen in diesem Land, nur dann kann man Integration gewährleisten."
Heftige Kritik kam von der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Der Vorschlag sei "absurd" und "menschenfeindlich" und fördere Aversionen gegen Migranten, erklärte der Verband. Die CSU habe der Demokratie damit einen Bärendienst erwiesen.
Verfassungsrechtliche Bedenken
Als "sehr rückwärtsgewandt" und "gefährlich" kritisierte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, den CSU-Vorstoß. "Eltern sollen mit ihren Kindern die Sprache sprechen, die sie am besten können. Sie sollen die Sprachfähigkeit der Kinder fördern. Dann wird auch besser Deutsch gelernt", sagte die SPD-Politikerin im ZDF. Auch CDU-Bundesvize Thomas Strobl hält nichts von der Forderung der Schwesterpartei. "Privat bleibt privat", sagte er.
Ohnehin ist fraglich, ob eine rechtliche Umsetzung des Sprachzwangs verfassungskonform wäre. Laut Staatsrechtsprofessor Joachim Wieland ist das nicht der Fall. Ein rechtlicher Zwang zur deutschen Sprache sei hingegen ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, der verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen wäre. "Das wäre dann so, als wollte man den Menschen vorschreiben, welche Kleidung sie zu tragen haben", sagt Wieland, der in Speyer Staatsrecht lehrt. Ein reiner Appell stelle jedoch keinen Verfassungsverstoß dar.
Quelle: ntv.de, jog/dpa