Politik

"Grundlagen ändern sich" CSU fordert Omikron-Check bei Corona-Regeln

Ärzte und Pfleger untersuchen einen Patienten auf einer Covid-19-Intensivstation in Thüringen.

Ärzte und Pfleger untersuchen einen Patienten auf einer Covid-19-Intensivstation in Thüringen.

(Foto: dpa)

Wie sehr verändert Omikron die Corona-Lage in Deutschland? Die CSU will wegen der neuen Virus-Variante das bisherige Vorgehen in der Pandemie auf den Prüfstand stellen. Am Montag beraten Bund und Länder wieder über weitere Schutzmaßnahmen. Ein Branchenvertreter warnt indes vor der zunehmenden Belastung der Kliniken.

Vor Spitzenberatungen von Bund und Ländern und mit Blick auf die Omikron-Variante dringt die CSU auf eine Neubewertung der Corona-Maßnahmen. "Wahr ist, mit Omikron ändern sich die Grundlagen. Wir brauchen einen Omikron-Check für das Corona-Management in Deutschland", sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume der "Welt". "Die kommende Ministerpräsidentenkonferenz kann ein wichtiger Meilenstein sein, um über diese Dinge zu reden."

Bund und Länder wollen am Montag über Schutzmaßnahmen in der Corona-Krise beraten. Die sehr ansteckende Sars-CoV-2-Variante Omikron hat sich in Deutschland inzwischen durchgesetzt. Sie sorgt für einen starken Anstieg der Neuinfektionszahlen. Die vom Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete bundesweite 7-Tage-Inzidenz überschritt erstmals die Schwelle von 700. Das RKI gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche an diesem Freitag mit 706,3 an. Allerdings geht die Omikron-Variante tendenziell mit milderen Verläufen einher als die Delta-Variante. Länder wie Spanien erwägen daher einen Wechsel der Corona-Strategie, auch weil die Zahl der Corona-Intensivpatienten nicht so steigt wie bei Delta.

Fürsprecher dafür ist auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Zwar ist er gegen Lockerungen, aber die massiv steigenden Inzidenzen spielten "schon eine Rolle, aber wir müssen ein Stück weit umdenken gegenüber den früheren Infektionswellen", sagte der SPD-Politiker im ARD-"Morgenmagazin". Die Infektionszahlen seien hoch, die Kliniken aber weniger belastet. "Wir haben es mit einem neuen Gegner zu tun, deswegen muss man insoweit auch seine Strategie anpassen." Weil sagte: "Wir dürfen die Pandemie nicht entgleiten lassen." Gleichzeitig sprach er sich angesichts der veränderten Lage gegen einen "totalen Lockdown" aus. Vor allem die Hospitalisierung und die Lage auf den Intensivstationen brächten ihn derzeit "noch nicht ins Grübeln", auch wenn die Infektionszahlen von Tag zu Tag stiegen.

Weil mahnte, sich nichts vorzumachen. Nach der Omikron-Variante werde das Virus nicht aus der Welt sein: "Wir werden mit neuen Virusformen zu tun haben." Ernsthaften Schutz biete nur eine hohe Impfquote in der ganzen Gesellschaft: "Die werden wir mit dem Tempo, das wir jetzt haben, nicht schaffen." Deutlich sprach er sich gegen die sogenannte Durchseuchung aus, dies sei zynisch und bedeute, dass viele Menschen auf Intensivstationen landen und sterben würden.

Auch der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen betonte, Omikron sei milder, aber nicht harmlos. Dahmen warnte zudem vor voreiligen Schritten. "Wir müssen angemessen reagieren", betonte CSU-Chef Markus Söder am Donnerstagabend im ZDF. Aber: "Ich finde, wir haben jetzt eine neue Situation. Und zu einer klugen Politik gehört, nicht einfach stur oder ideologisch zu reagieren, oder gar persönlich motiviert, sondern immer das Wohl des Landes und der Menschen in den Vordergrund zu rücken." Er habe die Hoffnung, dass Omikron den Übergang in eine endemische Lage weise.

Hunderttausende Neuinfizierte pro Tag erwartet

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet für Mitte oder Ende Februar eine Belastungsprobe für die Krankenhäuser. Nach Einschätzung des SPD-Politikers wird Deutschland dann mit mehreren Hunderttausend Neuinfizierten pro Tag konfrontiert sein. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Mit Blick auf die Zahlen scheint zwar die Belastung auf der Intensivstation abzunehmen, die Belastung auf der Normalstation bleibt allerdings hoch oder steigert sich sogar deutlich." Dies machten erste Zahlen aus den besonders von Omikron betroffenen Bundesländern deutlich.

Das Robert Koch-Institut (RKI) erwartet, dass der maximale Ausschlag der Omikron-Welle in Deutschland durch Meldedaten nicht genau bemessen werden kann. "Die Größenordnung und die entscheidenden Trends in der epidemiologischen Entwicklung werden jedoch zuverlässig angezeigt", schrieb das RKI in seinem Corona-Wochenbericht. Hintergrund für die vorübergehend unvollständiger werdende Erfassung von Infizierten sind etwa begrenzte Testkapazitäten und Personalressourcen aufgrund der hohen Fallzahlen, wie es hieß.

Vor allem um künftigen Corona-Wellen vorzubeugen, befürwortet Bundeskanzler Olaf Scholz neben der ab Mitte März vorgesehenen einrichtungsbezogenen Impfpflicht auch die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Eine parlamentarische Orientierungsdebatte darüber soll es kommende Woche geben. Der Präsident der Deutsche Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, mahnte im Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Die Impfpflicht für Erwachsene ist alternativlos, um die Pandemie langfristig hinter sich zu lassen."

Sorge vor Ausfall von Pflegekräften

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Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) warnte derweil vor möglichem Personalmangel. "Wir bekommen zunehmend Rückmeldungen aus den Mitgliedsbetrieben, dass Beschäftigte mit Blick auf die kommende einrichtungsbezogene Impfpflicht beabsichtigen zu kündigen", sagte BPA-Präsident Bernd Meurer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Betroffen seien insbesondere Pflegeunternehmen in Regionen mit hohen Inzidenzen und geringen Impfquoten. "In vielen besonders stark betroffenen Bundesländern können wir nicht dafür garantieren, dass die Versorgung überall aufrechterhalten werden kann. Wenn Pflegekräfte in größerer Zahl ausfallen, ist die Versorgung der Pflegebedürftigen unmittelbar gefährdet."

Der Vorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Ulrich Heberl, gab in den Funke-Zeitungen zu bedenken: "Besonders für Menschen, die unter einer depressiven Erkrankung leiden, hat sich der Krankheitsverlauf durch die Maßnahmen gegen Corona massiv verschlechtert, zum einen wegen den deutlichen Einschnitten bei ihrer medizinischen Versorgung und zum anderen wegen einer wegbrechenden Alltagsstruktur mit Rückzug ins Bett, vermehrtem Grübeln und weniger Sport."

Quelle: ntv.de, ghö/dpa

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