Politik

Arabische Welt und Syrien Countdown ins Chaos

Die syrische Armee beim Einsatz nahe Damaskus.

Die syrische Armee beim Einsatz nahe Damaskus.

(Foto: dpa)

Der Westen zögert, verhandelt, wartet ab. Noch sind die UN-Inspekteure in Syrien, doch am Samstag reisen sie ab. Die bange Frage: Ist das der Countdown ins Chaos? Das Ende des Assad-Regimes? Der Anfang eines Krieges, der den gesamten Nahen Osten mit sich reißt?

Seit vielen Jahren kenne ich Syrien, bin oft dorthin gereist, spreche die Sprache, kenne viele Menschen. Seit mehr als zwei Jahren beobachte ich den grausamen Krieg, der dort tobt. Ich höre von Toten, Verletzten, von Freunden, die plötzlich verschwunden sind.

Keiner weiß, was passiert, wenn die westliche Gemeinschaft eine Militäroffensive startet - explodiert dann die Region? Syrien, Libanon, Iran, sogar die Golfstaaten? Wie groß ist die Gefahr für Israel? Fakt ist: Die Giftgaseinsätze können die USA, Frankreich, Großbritannien, auch Deutschland, nicht unbeantwortet lassen. Die Zeichen stehen auf Krieg.

Hisbollah: "Wir werden siegen"

Die Iran-Hisbollah-Achse macht längst Front. Der Hisbollah-Sender al-Manar zitiert Syriens Despoten Baschar al-Assad: "Wir werden siegen" - und verbreitet Hisbollah-Propaganda: Der Westen wolle Syrien demütigen, heißt es und die Medien würden den Konflikt zusätzlich von nur einer Seite anheizen.

Die syrische Regime-Journalistin und Redaktionsleiterin der Assad-treuen Zeitung "Teshreen", Raghda Mardini, schreibt: "Die USA träumen davon, die Kultur einer ganzen Region auszulöschen, ausgeführt von Söldnerhänden und dem Teufel. Sie wissen nicht, was Zivilisation ist."

Die Kämpfe sind schon lange mitten in der Hauptstadt angelangt. Videos, die Rebellengruppen im Internet verbreiten, zeigen angeblich Panzer des Assad-Regimes, die in Damaskus auf Minen fahren.

Hunger in Damaskus

Auf anderen Aufnahmen ist zu sehen, wie Menschen vor Brotläden Schlange stehen - einst war Syrien die Kornkammer der Levante, des östlichen Mittelmeerraums, jetzt ist der Hunger in Damaskus angekommen.

Immer wieder sind Explosionen in Damaskus zu hören, melden die Kämpfer der Freien Syrischen Armee (FSA). Obeida Nahas, Vertreter des Syrian National Council, betet via Twitter: "Oh Gott, die Menschen in Syrien leiden, und ich flehe, verschlimmere das Leiden nicht durch die drohenden Luftangriffe."

Die syrische Regierungspartei Baath erklärte unlängst den Kampf gegen Korruption zur wichtigsten nationalen Aufgabe - als gäbe es keinen unmittelbar drohenden Krieg.

Libanon droht Katastrophe

Gleich nebenan, im Libanon, werden derweil die Waffen scharf gemacht. Gerade hatte ich Kontakt zu Leila Hatoum, einer schiitischen Journalistin aus Beirut. Sie sagt aufgewühlt, die Amerikaner müssten sich auf ein Blutbad gefasst machen - ihr "US-Imperialismus" stünde vor dem Ende. Damit spiegelt sie die Stimmung im kleinen Nachbarland Libanon wider - Hisbollah-Extremisten, die das Assad-Regime unterstützen, sind dort zu allem bereit, rüsten sich für einen Krieg.

Die Zeitung "An-Nahar" meldet, die Hisbollah habe eine Krisen-Zelle eingerichtet, die sich strategisch für die bevorstehenden Kämpfe aufstellen soll.

Auch der Iran, Syriens großer militärischer Verbündeter, steht weiter zu Assads Regime, behauptet, Assads Truppen hätten keine Chemiewaffen eingesetzt. Mullah-Vertreter warnen: Ein Angriff sei unrechtmäßig.

Währenddessen verbreiten syrische Rebellen über Youtube Videos, die einen vermeintlich bevorstehenden Sieg über Assad suggerieren: Angeblich haben sie den Präsidentenpalast in Latakia, der Heimat des Assad-Clans, eingenommen und baden dort im Pool des Diktators.

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Constantin Schreiber arbeitete in Syrien, Libanon, den Vereinigten Arabischen  Emiraten als Reporter sowie als TV-Korrespondent in Dubai. Dabei berichtete er auf Deutsch, Englisch und Arabisch. Von 2009 bis 2011 war der gelernte Jurist Medienberater im Auswärtigen Amt. Seit 2012 ist er Moderator bei n-tv.

Constantin Schreiber wird künftig in loser Folge auf n-tv.de über den Konflikt berichten. Verfolgen Sie das Geschehen in Syrien auch im n-tv.de Liveticker

Quelle: ntv.de

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