Hendrik Wüst im "Frühstart" "Das läuft auf einen Flickenteppich hinaus"
17.03.2022, 11:18 Uhr
Hohe Infektionszahlen und weitgehende Lockerungen: Für NRW-Ministerpräsident Wüst passt das nicht zusammen. Die geplanten Hotspot-Regelungen seien zu kompliziert und zu wenig wirkungsvoll. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine warnt Wüst davor, sich zu sehr von Emotionen leiten zu lassen.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst hat die für das Wochenende geplanten Corona-Lockerungsmaßnahmen angesichts der hohen Infektionszahlen kritisiert. "Das passt ganz offensichtlich nicht ganz zusammen", sagte der CDU-Politiker im "Frühstart" von ntv.
Zwar habe man es mit häufig milden Krankheitsverläufen zu tun, die das Gesundheitssystem nicht überlasteten, "aber wir sollten weiter vorsichtig sein, und deswegen diskutieren wir heute mit dem Bund über den Basisschutz und die Hotspot-Regelungen, die parteiübergreifend nach Auffassung der allermeisten Länder nicht ausreichen".
Wüst gab das Interview aus einem Hotel in Jerusalem; während einer Israel-Reise wurde er positiv auf Corona getestet und befindet sich derzeit in Quarantäne. An der Ministerpräsidentenkonferenz heute Nachmittag nimmt er per Videoschalte teil. Als amtierender MPK-Chef kommt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident normalerweise ins Kanzleramt.
Wenn die Situation in einer Region schwierig sei, "dann sind die Wege, bis man wirkungsvoll schützen kann, viel zu lang, viel zu kompliziert", so Wüst weiter mit Blick auf die vom Bund geplanten Hotspot-Regelungen. "Wir werden damit auf einen Flickenteppich hinauslaufen und wir wissen alle, dass das nicht förderlich ist für die Akzeptanz der Maßnahmen." Gemeinsam mit dem Bundeskanzler sei man sich einig gewesen, dass man auch künftig einen Basisschutz brauche. "Man ist da nicht auf uns zugekommen, obwohl es so verabredet gewesen ist. Der Bund macht jetzt sein Ding alleine, aber dann muss er auch die Verantwortung dafür tragen."
Unverständnis für Umgang mit Selenskyj im Bundestag
Wüst zeigt kein Verständnis dafür, sich nach der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Deutschen Bundestag mit Anträgen zur allgemeinen Impfpflicht zu befassen. "Es hätte eine Aussprache, eine Regierungserklärung, eine Generaldebatte, aber in jedem Falle eine parlamentarische Debatte zum Krieg in der Ukraine geben müssen." Die Forderung des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk nach einer Regierungserklärung des Bundeskanzlers hält Wüst für "völlig in Ordnung". Es sei "beeindruckend, wie er hier die Interessen seines Landes vertritt", sagte Wüst.
Von einer Reise des Bundeskanzlers nach Kiew rät Wüst ab. "Die Stadt ist unter Belagerung, jedenfalls weitestgehend. Dort den Bundeskanzler hinzuschicken, dass muss man sehr genau abwägen und auch unsere Sicherheitsinteressen und die Sicherheitsinteressen unseres Regierungschefs dabei sehr genau im Blick haben." Am Dienstag waren die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien bei Selenskyj in Kiew.
Eine Mission der NATO in der Ukraine hält Wüst für riskant. "Die Emotion treibt uns natürlich dazu, zu sagen, Mensch, da muss jetzt was passieren. Aber dann ist die komplette NATO im Krieg mit Russland und das sollten wir verhindern." Wüst plädierte dafür, alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen, um der Ukraine zu helfen. "Aber jetzt sozusagen Russland von unserer Seite den Krieg zu erklären und nichts anderes wäre das, das halte ich für brandgefährlich."
Quelle: ntv.de, cwi