Türkei erlebt historischen Tag Davutoglu lädt Kurden in Regierung ein
26.08.2015, 16:02 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Historische Geste in Ankara: Während die türkische Luftwaffe immer wieder Angriffe gegen Stellungen militanter Kurden fliegt, lädt Ministerpräsident Davutoglu kurdische Politiker ein, sich an der Übergangsregierung zu beteiligen.
In der Türkei könnten sich kurdische Politiker zum ersten Mal in der Geschichte des Landes an der Regierung beteiligen. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu schickte ein offizielles Schreiben an drei Abgeordnete der Kurdenpartei HDP und bat sie, einer Übergangsregierung beizutreten. Diese soll das Land bis zu den Neuwahlen am 1. November regieren. Davutoglu lud auch fünf Politiker der sozialdemokratischen CHP sowie drei Parlamentarier der rechtsgerichteten MHP in die Regierung ein.
Davutoglus richtete seine Einladungen an relativ unbekannte HDP-Politiker. Sie stehen nicht im Ruf, einen starken kurdischen Nationalismus zu vertreten: Er lud den früheren Beamten Ali Haydar Konca ein, den aus der politischen Linken kommenden Levent Tüzel sowie Müslüm Dogan, einen Repräsentanten der alevitischen Minderheit. Die HDP hatte bereits erklärt, an der Übergangsregierung teilnehmen zu wollen. HDP-Chef Selahattin Demirtas sagte jedoch, er wäre nicht überrascht, wenn Präsident Recep Tayyip Erdogan versuchen würde, die HDP-Abgeordneten auszuschließen
Dass sich erstmals kurdische Politiker an einer Regierung beteiligen könnten, kommt zu einem pikanten Zeitpunkt - denn seit einigen Wochen fliegt die türkische Armee Luftangriffe gegen Stellungen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
Umfragen: AKP braucht Partner
Die türkische Verfassung schreibt vor, dass einer Übergangsregierung Politiker aller im Parlament vertretenen Parteien angehören. Die CHP und die MHP - die beiden größten Oppositionsfraktionen im Parlament - hatten allerdings ihren Verzicht auf eine Beteiligung erklärt. Davutoglu schickte dennoch die Einladungen an Politiker dieser Parteien. Die Übergangsregierung muss bis zum Wochenende stehen.
Zur Neuwahl kommt es, weil Davutoglu und seine Regierungspartei AKP nach der regulären Parlamentswahl im Juni keinen Koalitionspartner gefunden haben. Damals hatte die AKP nach zwölf Jahren erstmals ihre Regierungsmehrheit eingebüßt, war aber stärkste Partei geblieben. Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Partei noch immer auf einen Koalitionspartner angewiesen wäre. Laut einer Erhebung von Metropoll liegt die AKP bei 41,7 Prozent und hat sich damit nur leicht gegenüber ihrem Wahlergebnis von 40,9 Prozent verbessert.
Quelle: ntv.de, vpe/AFP/rts