"Weiterer Festungswall um Europa" De Maizière: Flüchtlinge vorher stoppen
05.12.2014, 21:40 Uhr
Pro Asyl wirft dem Minister vor, er wolle einen weiteren "Festungswall um Europa" ziehen.
(Foto: dpa)
Für die Chance auf ein Leben in Europa riskieren Tausende jedes Jahr den Tod. Während Menschen im Mittelmeer ertrinken, machen Schleuser ein Geschäft mit dem Elend. Europa sucht verzweifelt nach Lösungen. Das Zauberwort könnte Drittland heißen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat EU-Pläne für Flüchtlingszentren in Drittländern verteidigt. "Der jetzige Zustand ist, dass die Starken sich durchsetzen, dass Frauen und Mädchen in Bordellen in Europa landen, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken - und das noch mit wahnsinnigen Gewinnen von diesen Menschenhändlern", sagte de Maizière in Brüssel. Italiens Innenminister Angelino Alfano argumentierte während des Treffens der EU-Innenminister ähnlich.
Allein 17 Flüchtlinge kamen am Freitagmorgen nach Angaben der italienischen Marine auf einem Schlauchboot vor der italienischen Küste ums Leben.
Kritiker wie die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl argumentieren, Auffanglager hielten die Flüchtlinge nicht vom gefahrvollen Weg über das Mittelmeer ab. Zudem gebe es in den Ländern Nordafrikas keine rechtsstaatlichen Garantien für die Prüfung von Asylanträgen. "Dieser Plan ist unrealistisch und wird eher dazu führen, dass die Menschen doch illegal auf das Meer gehen, um nach Europa zu gelangen", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. "Da wird nur ein weiterer Festungswall um Europa gezogen."
Die EU-Staaten diskutieren derzeit über solche Anlaufstellen für Flüchtlinge. Bereits dort soll die Entscheidung fallen, wer legal nach Europa kommen darf und wer in seine Heimat zurückkehren muss. Zusammen mit einer Stärkung der EU-Außengrenzen solle dies Schleusern das Geschäft erschweren, sagte de Maizière. Er sei sich der Einwände bewusst, so de Maizière. Dennoch müsse Europa nach Lösungen suchen. Es sei lohnender "mal eine Überlegung anzustellen, ob es nicht andere Wege gäbe, (...) als nur Gegenargumente aufzuhäufen."
Vorwurf gegen die Operation "Triton"
Sein italienischer Kollege Alfano gab sich zuversichtlich: "Wenn wir an Land Aufnahmezentren haben, dann können wir das ruchlose Geschäft der Schleuser beenden, die mit dem Tod handeln." Menschenrechtler kritisieren, der EU gehe es mehr um Grenzschutz als um Hilfe für die Flüchtlinge. Das ist auch der Vorwurf gegen die Operation "Triton", die im November begann und an der mehr als zwanzig Länder beteiligt sind. Sie soll Italien beim Umgang mit Bootsflüchtlingen helfen.
"Wir können auch Such- und Rettungsaktionen auf einmal haben", entgegnete EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos auf die Frage, ob Europa nicht immer weniger für die Flüchtlinge tue. Mit Blick auf die Zukunft sei er sehr optimistisch. Er deutete aber auch die Hilflosigkeit Europas im Umgang mit den Flüchtlingen an: "Im Moment muss ich aber einräumen, dass die getroffenen Maßnahmen leider nicht die spektakulären Ergebnisse gebracht haben, die wir alle gern eines Tages sehen würden."
Quelle: ntv.de, ppo/dpa