Abgrenzungsprobleme nach rechts Der brandenburgische AfD-Treppenwitz
27.09.2014, 13:41 Uhr
Alexander Gauland vor dem brandenburgischen Landtag. Nicht jeden seiner AfD-Kollegen möchte er dort sehen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ex-Mitglieder aus rechtsextremen Parteien genießen das uneingeschränkte Vertrauen des Vorsitzenden, ein Bild bei Facebook kann aber zum Ausschluss führen. Die AfD in Brandenburg wird innerhalb einer Woche kräftig durchgeschüttelt.
Nun also doch: So sehr es die AfD betont, kein Abgrenzungsproblem zu Rechtsextremisten und Antisemiten zu haben, so schwer fällt es ihr, eine klare Linie zu finden. Jetzt kündigt der brandenburgische Fraktionschef Alexander Gauland an, einen Landtagsabgeordneten aus der Partei zu werfen, weil der antisemitische Karikaturen verbreitet. Zuvor hatte Gauland schon einen Parteikollegen erfolgreich zum Rücktritt aufgefordert – weil dieser Rechtsradikale aus der Fraktion drängen wollte.
Die schwierige Geschichte beginnt schon bei der Listenaufstellung am 4. Mai 2014. Der AfD-Landesverband macht Alexander Gauland zum Spitzenkandidaten. Gleich darauf folgt Rainer von Reamdonck – der früher in der Anti-Islam-Partei "Die Freiheit" war. Laut Gauland sind solche Mitgliedschaften unproblematisch, weil sich jeder einmal auf einem Irrweg befinden könne. Reamdonck führt seine Mitgliedschaft allerdings in seiner Selbstvorstellung unter "politisches Engagement" auf – von Distanzierung ist dort nichts zu lesen.
Auf Platz vier landet Sven Schröder, ehemals engagiert bei der rechtsextremen Partei "Pro Deutschland". Auf Platz sechs wählt die AfD Thomas Jung, wie Reamdonck Ex-Mitglied bei "Die Freiheit". Platz acht geht an Steffen Königer, ehemals Mitglied im "Bund freier Bürger" und Redakteur der weit rechts stehenden Wochenzeitung "Junge Freiheit". Beides führt Königer in seiner Selbstdarstellung auf. Durch seine Arbeit bei der Zeitung habe er Kontakte zu Landes-, Bundes- und Europapolitikern. Von einer Distanzierung von dieser Tätigkeit ist nicht die Rede.
Intrige in der eigenen Familie
Die AfD erhält bei der Landtagswahl elf Sitze, die vier genannten Kandidaten sind nun also Landtagsabgeordnete. Der Vorsitzende Gauland sieht darin kein Problem.
Anders ist das bei dem Sohn der Lebensgefährtin Gaulands: Sein Name ist Stefan Hein, über Listenplatz zehn zieht er ebenfalls in den Landtag ein. Hein findet, dass seine künftigen Kollegen zu weit rechts stehen und will sie loswerden. Er sucht nach belastendem Material, um anonym Strafanzeigen zu stellen, solange die Abgeordneten-Immunität noch nicht greift. Stiefvater Gauland weiß davon angeblich nichts. Hein schreibt – warum auch immer – eine E-Mail an den "Spiegel", in der er seinen Plan darlegt. Der "Spiegel" berichtet am 21. September ausführlich.
Gauland erfährt von der Mail und stellt seinen Stiefsohn zur Rede. Dessen Verhalten sei "Ausdruck eines persönlichen menschlichen Versagens", sagt Gauland dem RBB. Hein tut Buße: Er habe "den Mann, der mir alles beigebracht hat, was ich über Politik weiß, zutiefst enttäuscht“, sagt der dem rechten Blatt "Junge Freiheit". Sein Landtagsmandat gibt er zurück. Den vier von Hein kritisierten Abgeordneten spricht Gauland demonstrativ sein "uneingeschränktes Vertrauen" aus.
Doch noch ein Parteiausschluss
Ist mit dem Rückzug Heins das Problem erledigt? Im Gegenteil. Denn der frei gewordene Platz im Landtag wird von Jan-Ulrich Weiß eingenommen, Listenplatz 12. Weiß war politisch bislang unauffällig. Als Beruf gibt er "forst- und landwirtschaftliche Dienstleistungen, Brennholzproduktion und Wildhandel" an. Er habe "nichts zu verlieren".
Zum Problem für Weiß wird, dass er am 2. September bei Facebook eine Art Karikatur veröffentlicht hat. Darin wird der jüdischen Familie Rothschild vorgeworfen, Zentralbanken zu besitzen, seit Napoleon "immer beide Seiten von jedem Krieg" zu finanzieren sowie Nachrichten und Regierungen zu steuern.
Während sich Gauland an niedergelegten Mitgliedschaften in rechtsextremen Parteien nicht stört, findet er das antisemitische Bild problematisch. Weiß soll per Ausschlussverfahren aus der AfD geworfen und in die Landtagsfraktion gar nicht erst aufgenommen werden. Dass er sein Landtagsmandat antritt, kann Gauland aber nicht verhindern.
Quelle: ntv.de