Als der Hass auf Juden explodierte Deutschland gedenkt der Pogrom-Opfer
09.11.2013, 18:50 Uhr
Nazis hängen Schilder an Geschäften auf, die befehlen, nicht bei jüdischen Händlern einzukaufen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte zeigte vor 75 Jahren seine hässliche Fratze: In ganz Deutschland zündeten Judenhasser Synagogen und viele andere Häuser an, schleppten Juden in Konzentrationslager. Auch heute noch ist Antisemitismus weit verbreitet.

Bundespräsident Joachim Gauck und der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer.
(Foto: dpa)
Vor 75 Jahren brannten in Deutschland Synagogen und andere Gebäude von Juden. In Erinnerung an diese antisemitischen Pogrome der Nationalsozialisten hat Bundespräsident Joachim Gauck einen stärkeren Zusammenhalt der Gesellschaft angemahnt. Menschen dürften nicht in wertvolle und weniger wertvolle Menschen eingeteilt werden, sagte er am Samstag im brandenburgischen Eberswalde. "Wir wollen ein Land sein, das offen ist." Auch in vielen anderen Städten Deutschlands erinnerten die Menschen an die Pogromnacht vor 75 Jahren.
In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 hatten Nationalsozialisten einen Großteil der mehr als 1200 Synagogen und jüdischen Gebetshäuser in Deutschland zerstört. Tausende andere jüdische Einrichtungen und Geschäfte wurden verwüstet und geplündert. Bei der Terrorwelle wurden nach Einschätzung von Historikern mehr als 1300 Menschen getötet und mehr als 30 000 Juden in Konzentrationslager verschleppt. Die Pogromnacht gilt als Auftakt zur systematischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung.
Juden beklagen anhaltenden Hass
Der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, erinnerte daran, dass Rechtspopulisten in Europa wachsenden Zulauf hätten. "Es ist kalt geworden in unserer Gesellschaft", sagte er. Kramer rief die Politiker auf, in ihrem Handeln nicht nachzulassen. "Gebraucht wird ein Asylgesetz, das seinen Namen verdient."
In Berlin gedachten der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sowie der evangelische Landesbischof Markus Dröge und der katholische Erzbischof Rainer Maria Woelki der Opfer des Nationalsozialismus. Sie gingen bei einem Schweigemarsch zum Gelände der Synagoge in Berlin-Mitte. Das Gebäude war am 9. November 1938 von den Nationalsozialisten in Brand gesetzt worden. In ihren Grußworten warnten Wowereit und die Bischöfe vor Antisemitismus und Rassismus.
Jauch greift zum Lappen
Prominente wie der Moderator Günther Jauch (57) und der Sänger Max Raabe (50) würdigten mit einer besonderen Aktion die in der Stadt gelegten "Stolpersteine". Diese kleinen in den Boden eingelassenen Messingplatten erinnern an einzelne NS-Opfer. "Ein ganz wunderbares Projekt", sagte Jauch über die kleinen Gedenktafeln.
"Das ist das gute an diesen Steinen: Egal, wer da vorbeikommt, egal, wann man da vorbeikommt, die sind immer da und künden immer vom jüdischen Leben in Deutschland und künden von dem großen Verbrechen, das damals verübt wurde", sagte Jauch. Er selbst griff zu Putzmittel und Lappen.
Quelle: ntv.de, jtw/dpa