Politik

Fragwürdige Vorgänge Die Akte Schulz

Martin Schulz hat sich bislang nicht persönlich zu den Vorwürfen geäußert, in seiner Zeit als EU-Parlamentspräsident Mitarbeiter begünstigt zu haben.

Martin Schulz hat sich bislang nicht persönlich zu den Vorwürfen geäußert, in seiner Zeit als EU-Parlamentspräsident Mitarbeiter begünstigt zu haben.

(Foto: dpa)

Weil der politische Gegner Martin Schulz innenpolitisch nicht zu fassen bekommt, gräbt die Union alte Personalgeschichten aus Brüssel aus. Gab es mit Wissen des damaligen EU-Parlamentschefs Karriere-Mauscheleien? Und welche Rolle spielte ein Unions-Mann?

Seit gut fünf Wochen arbeitet sich die Union an Martin Schulz ab. Der SPD-Kanzlerkandidat rede nur schön und gerecht daher, biete aber keine Inhalte. Wolfgang Schäuble verglich den Mann aus Würselen mit US-Präsident Donald Trump. Doch die Angriffe in Berlin verpufften.

In Brüssel sind seine politischen Gegner nun dabei, die hintersten Ecken der Ära Schulz auszuleuchten. Er war von 2012 bis Anfang 2017 Präsident des EU-Parlaments. Europäische Unionsleute legten Dossiers an, darin tauchten sogar Lieblingsrestaurants und Speisekarten des 61-Jährigen auf. Die SPD schimpfte über "Schmutzkampagnen". Jetzt kommen allerdings Informationen ans Tageslicht, die unangenehmer sind als enthüllte Leibspeisen. Aus einer Antwort der Parlamentsverwaltung an den von der CDU-Politikerin Inge Gräßle geführten Haushaltskontrollausschuss geht hervor, dass Schulz am 21. Oktober 2015 Beförderungsbeschlüsse unterschrieb, die nicht den Hausregeln entsprachen.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollte mit den als Präsidentenbeschluss verfassten Entscheidungen festgelegt werden, dass Mitarbeiter nach ihrem Ausscheiden aus dem Team von Schulz lukrative Dienstgrade behalten. Pikant ist aber vor allem: Schulz ließ es zu, dass die Beförderungsbeschlüsse von einem Mitarbeiter formuliert wurden, der selbst davon profitierte hätte. Aus dem Schulz-Lager heißt es, der damalige Präsident habe guten Glaubens nur unterschrieben, was ihm sein Rechtsberater (ein Beamter mit CDU-Parteibuch) vorgelegt habe.

Fragen über Fragen - und keine Antworten

Warum guckte Schulz da nicht genauer hin? War es unter dem SPD-Mann üblich, dass Mitarbeiter ihre eigenen Beförderungen vorbereiten? Und wieso gab es keine disziplinarischen Konsequenzen für denjenigen, der versuchte, sich und Kollegen mit rechtswidrigen Beförderungsentscheidungen auf Steuerzahlerkosten Vorteile zu verschaffen?

Auf diese Fragen gibt es bislang keine schlüssigen Antworten. Die Parlamentsverwaltung verweist lediglich darauf, dass die rechtswidrigen Beschlüsse nie umgesetzt worden seien. Die betroffenen Mitarbeiter bekamen schließlich erst im Dezember 2015 eine Beförderung - die Angaben aus der Volksvertretung zufolge deutlich unattraktiver ausfiel als die zunächst vorgesehene. Auf den ersten Blick dürfte die Geschichte keine "smoking gun" sein - kein kriegsentscheidender Grund, der den wahlkämpfenden Schulz in der Gunst der Bevölkerung zurückwirft. Bei der SPD ist von einem "Verwaltungsversäumnis" die Rede, das die Union aus politischen Motiven Schulz anheften wolle.

Misslich bleibt die Sache trotzdem. Denn was ist, wenn noch mehr kommt? Auch die EU-Anti-Korruptionsbehörde Olaf schaut sich die Vorgänge an. Schulz tritt im Wahlkampf als Saubermann an. Er punktet als Kleine-Leute-Versteher, der jeden Feuerwehrmann und wütenden Arbeitslosen ansprechen kann.

Schaut man sich die Umfragen und die Gesichter der SPD-Anhänger in den proppevollen Sälen an, kaufen die Menschen ihm derzeit ab, dass er kein abgehobenes Mitglied des Establishments ist - obwohl er in mehr als 20 Jahren in Brüssel eine steile EU-Karriere hinlegte.

Quelle: ntv.de, Ansgar Haase und Tim Braune, dpa

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