Politik

Kurswechsel im Migrationsstreit? EU will Flüchtlings-Kooperation mit Kairo

Juncker zeigt sich von der Kompromissbereitschaft seiner EU-Kollegen enttäuscht.

Juncker zeigt sich von der Kompromissbereitschaft seiner EU-Kollegen enttäuscht.

(Foto: imago/Eibner Europa)

Die Beratungen der EU-Staaten über ihre Flüchtlingspolitik gehen nur zäh voran. Immerhin bringt ein informeller Gipfel Einigkeit, dass es eine verstärkte Zusammenarbeit mit Ägypten geben soll. Völlig festgefahren sind weiterhin die Brexit-Verhandlungen.

Ägypten ist zu Beratungen mit der EU über eine "vertiefte Zusammenarbeit" bei den Themen Migration und Wirtschaft bereit. Dies sagte ein EU-Diplomat am frühen Morgen nach fünfstündigen Beratungen beim EU-Gipfel in Salzburg. Es gebe Unterstützung dafür im Kreis der 28 EU-Länder. Ungeachtet dessen zeigte sich EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker unzufrieden mit den Beratungen.

Ende Juni hatten Kanzlerin Angela Merkel und ihre Kollegen unter anderem beschlossen, dass Sammelzentren für aus Seenot gerettete Migranten in nordafrikanischen Staaten geprüft werden sollten. Bisher hat sich jedoch kein afrikanisches Land bereit erklärt, ein solches Zentrum einzurichten. Auch nach den aktuellen Gesprächen konnte Juncker kaum Fortschritte beim ewigen Streitthema vermelden, ob und wie im Mittelmeer gerettete Migranten in der EU aufgenommen und verteilt werden sollen. Er sagte, in dieser Frage habe es nicht genügend Kompromissbereitschaft der 28 EU-Staaten gegeben. Heute solle weiter darüber beraten werden.

Juncker lenkt ein

Zuvor hatte Juncker einen Kurswechsel im Dauerstreit um die Flüchtlingspolitik angedeutet. Vor Beginn des EU-Gipfels rückte er von der Haltung ab, dass alle Mitgliedstaaten zumindest einige Menschen aufnehmen müssten. Stattdessen forderte er von Ländern, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, andere Beiträge zur Migrationspolitik: "Die einen nehmen Flüchtlinge auf. Die, die das nicht wollen, nicht können - obwohl sie es müssen - die müssen sich in Sachen Solidarität bewegen." Damit kommt er den östlichen EU-Staaten entgegen, die seit Jahren "flexible Solidarität" fordern - also etwa finanzielle Beiträge statt der Aufnahme von Flüchtlingen.

Annäherungen mit Ägypten hatten sich zuletzt angedeutet. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, und EU-Ratspräsident Donald Tusk hatten den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi am Wochenende in Kairo besucht. Kurz sprach von guten Gesprächen mit der ägyptischen Seite. Die Beratungen mit der Regierung in Kairo über eine vertiefte Zusammenarbeit stünden allerdings noch ganz am Anfang, hieß es einschränkend aus den EU-Kreisen.

Die 28 EU-Staaten unterstützten beim EU-Gipfel auch Tusks Vorschlag eines gemeinsamen Sondergipfels mit der Arabischen Liga im Februar kommenden Jahres in Ägypten. Auch mit anderen Staaten in Nordafrika solle die Zusammenarbeit vertieft werden, hieß es aus EU-Kreisen.

Brexit-Verhandlungen ohne Durchbruch

Unverändert festgefahren sind die Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens. Hier beharren sowohl Großbritannien als auch die EU auf der Forderung, die jeweils andere Seite müsse sich bewegen. Nur bei der Streitfrage, wie eine harte Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und Nordirland vermieden werden kann, hatte die EU zuletzt Nachbesserungen angekündigt.

Kanzlerin Merkel warb für einen Brexit "in guter Atmosphäre" und in "großem Respekt voreinander". In einigen Punkten sei eine gute Zusammenarbeit möglich, etwa bei der inneren und äußeren Sicherheit. Ähnlich hatte sich zuvor auch Tusk geäußert. Allerdings stellte er auch klar, dass die britischen Vorschläge für eine künftige Wirtschafts- und Zollpartnerschaft mit der EU nicht akzeptabel seien. Diese müssten überarbeitet werden, forderte Tusk. Darauf gab die britische Premierministerin Theresa May sofort Kontra.

Im Laufe des Tages wollen die 27 verbleibenden EU-Staaten über den weiteren Brexit-Zeitplan beraten. Tusk will ihnen dann vorschlagen, einen Brexit-Sondergipfel Mitte November einzuberufen. Damit hätten die Unterhändler rund vier Wochen länger für die Verhandlungen Zeit, um einen ungeordneten Austritt Großbritanniens aus der EU zu vermeiden.

Quelle: ntv.de, jgu/dpa

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