Politik

Die CDU und das Coronavirus Ein Parteitag - und keiner geht hin?

Friedrich Merz hofft, auf dem Parteitag in Berlin zum neuen CDU-Vorsitzenden gewählt zu werden.

Friedrich Merz hofft, auf dem Parteitag in Berlin zum neuen CDU-Vorsitzenden gewählt zu werden.

(Foto: picture alliance/dpa)

Am 25. April sollen in Berlin 1001 Delegierte einen neuen CDU-Vorsitzenden wählen. Doch ob der Parteitag stattfinden kann, ist fraglich. Gesundheitsminister Spahn rät von Großevents ab. Doch seine Partei will sich noch nicht festlegen.

Der Widerspruch ist nicht zu übersehen - auch für einen Christdemokraten nicht. Obwohl CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn im Zuge der Corona-Epidemie zur Absage von Veranstaltungen ab 1000 Teilnehmern rät, soll der Parteitag der Konservativen am 25. April stattfinden. 1001 Delegierte werden in Berlin erwartet. Nicht wenige von ihnen dürften allein wegen ihres Alters zur Risikogruppe gehören. Schert sich die eigene Partei nicht um das, was der Minister rät? Ganz im Gegenteil, sagt der frühere Generalsekretär der CDU, Ruprecht Polenz, ntv.de. "Die CDU wird verantwortlich und zeitnah entscheiden", so der Politiker. Auch eine kurzfristige Absage sei denkbar.

Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte nun in der Fraktionssitzung, dass die CDU bis Ende März entscheiden will, ob sie an ihrem Parteitag Ende April festhält. Die Partei halte an ihren Planungen vorerst fest, bereite sich aber auf alle Eventualitäten vor. Zudem sei man im Gespräch mit den zuständigen Behörden, sagte sie.

Kritik daran, in der aktuellen Lage eine Großveranstaltung dieser Art auszurichten, gibt es dennoch - zum Beispiel aus Brandenburg. Er sehe da "eine gewisse Gefährdungslage", sagt der Chef der Landes-CDU, Michael Stübgen, der Deutschen Presse-Agentur. Immerhin 295 Delegierte kommen aus Nordrhein-Westfalen, dem am schlimmsten von der Epidemie betroffenen Bundesland. Dass die Parteiführung dennoch an dem Termin festhält, ist kein Zufall.

Für die CDU bedeutet der Parteitag eine Richtungsentscheidung. Die Delegierten sollen über den neuen Parteivorsitz entscheiden. Entsprechend groß ist das Interesse - auch von außen. Mehr als 1000 Journalisten und Gäste werden erwartet. Aus Parteikreisen heißt es, man erwäge, zumindest keine ausländischen Gäste einzuladen. Eine Entscheidung darüber sei aber noch nicht gefallen.

Keine Gäste, und womöglich auch keine Journalisten? Für Michael Grosse-Brömer, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, ist ein "Geisterparteitag" nach dem Vorbild jüngster Sportevents ohne Zuschauer keine Option. Die CDU sei keine Partei, die eine "Veranstaltung unter Ausschluss der Öffentlichkeit" durchführe. Er sei "nach dem heutigen Stand" der Auffassung, dass der Parteitag in den Berliner Messehallen stattfinden solle. Offiziell heißt es, man stehe in dieser Frage mit den Gesundheitsbehörden in enger Abstimmung.

Wie hoch die Gefährdungslage ist, darüber entscheidet auch das Gesundheitsamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Das Amt kann Empfehlungen aussprechen, bestimmte Auflagen erteilen oder Veranstaltungen vorsorglich ganz absagen. Aus der Partei hieß es, man werde sich daran halten, sollte die Behörde eine Absage empfehlen. Denkbar ist auch, dass die Berliner Senatsverwaltung - ähnlich wie bereits in Bayern, Nordrhein-Westfalen und weiteren Bundesländern geschehen - vorläufig ein generelles Verbot für Veranstaltungen ab 1000 Teilnehmern erlässt. Berlins Bürgermeister Michael Müller schloss eine solche Maßnahme am Dienstag vorerst zwar aus. Nächste Woche, so Müller, könne die Situation aber eine andere sein.

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(Foto: Twitter)

Sollte der Parteitag wie geplant stattfinden, muss letztlich jeder Delegierte nach eigenem Ermessen entscheiden, ob er teilnimmt oder nicht. "Jeder ist in der Verantwortung, die Risiken ernst zu nehmen und trotzdem nicht die Nerven zu verlieren", sagt Polenz ntv.de. Die Einladungen müssen laut Satzung vier Wochen vor dem angepeilten Termin verschickt werden.

Ein Parteitag in leerer Halle droht der CDU aber ohnehin nicht. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass reihenweise Delegierte ihre Teilnahme aus prophylaktischen Gründen absagen, wäre die Wahl der neuen CDU-Spitze nicht in Gefahr. Denn dann springen vom Landes-, Kreis- oder Bezirksverband gewählte Ersatzdelegierte ein. Sie müssen nur rechtzeitig informiert werden. Und dürfen das Risiko nicht scheuen.

Quelle: ntv.de

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