Bundesrat billigt Reform Ersatzfreiheitsstrafen schrumpfen um die Hälfte
07.07.2023, 14:00 Uhr Artikel anhören
Künftig soll bei nicht bezahlten Geldstrafen pro zwei verhängten Tagessätzen nur noch ein Tag Freiheitsstrafe fällig werden - bisher gilt ein Verhältnis von eins zu eins.
(Foto: picture alliance/dpa)
Wer in Deutschland eine Geldstrafe nicht begleicht, kann als Ersatz in Haft genommen werden. Lange steht die Regelung wegen ihrer Härte in der Kritik. Eine Reform des Sanktionsrechts reduziert die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe nun um die Hälfte. Auch andere Gesetzespassagen werden erneuert.
Der Bundesrat hat die Reform des Strafrechts abschließend gebilligt. Ein Kernpunkt des neuen Gesetzes ist die Reduzierung sogenannter Ersatzfreiheitsstrafen, die bei nicht bezahlten Geldstrafen verhängt werden. Zudem sollen geschlechtsspezifische und "gegen die sexuelle Orientierung gerichtete" Beweggründe künftig bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.
Künftig soll bei nicht bezahlten Geldstrafen pro zwei verhängten Tagessätzen nur noch ein Tag Freiheitsstrafe fällig werden - bisher gilt ein Verhältnis von eins zu eins. Das System der Ersatzfreiheitsstrafe ist seit Langem umstritten - Kritiker sehen dadurch vor allem arme Menschen benachteiligt. Wer eine Geldstrafe nicht bezahlt, kann als Ersatz in Haft genommen werden. Zudem führt das System zu einer wesentlichen Erhöhung der Zahl von Haftstrafen, was auch das Justizwesen belastet.
Neben der geplanten Verkürzung der Haftzeiten soll es die Reform auch einfacher machen, Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit abzuwenden. Betroffenen soll es außerdem erleichtert werden, die Geldstrafe doch noch zu bezahlen - etwa durch Unterstützung bei der Beantragung von Ratenzahlung. Geldstrafen werden in Tagessätzen verhängt; dabei entspricht ein Tagessatz dem Betrag, den ein Täter oder eine Täterin rechnerisch pro Tag an Nettoeinkünften zur Verfügung hat.
Beweggründe erhalten wesentlichen Zusatz
Bei dem Passus zu geschlechtsspezifischen Motiven geht es um eine Erweiterung des Paragrafen 46 des Strafgesetzbuchs. Dieser besagt bisher, dass bei der Strafzumessung "die Beweggründe und die Ziele des Täters" berücksichtigt werden sollen, "besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende".
Hinzugefügt sollen nun geschlechtsspezifische und "gegen die sexuelle Orientierung gerichtete" Beweggründe. Konkret geht es hier zum einen um Gewalt gegen Frauen durch den Partner oder Ex-Partner bis hin zum sogenannten Femizid, also der Tötung der Frau durch den Partner oder Ex-Partner. Zum anderen geht es um Taten, bei denen die sexuelle Orientierung des Opfers eine maßgebliche Rolle spielt.
Ein weiterer Abschnitt des neuen Gesetzes bezieht sich auf die Einweisung von Straftätern mit Suchtproblemen in Entziehungsanstalten. Hier sollen die Vorgaben enger gefasst werden, um sicherzustellen, dass nur therapiefähige und -willige Täter in solche Kliniken eingewiesen werden.
Schließlich ist vorgesehen, sogenannte Auflagen und Weisungen im Strafverfahren zu stärken. Dabei geht es beispielsweise darum, dass eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird, mit der Vorgabe, dass der Täter eine Psychotherapie macht.
Quelle: ntv.de, lno/AFP