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99,9 Prozent wollen fliehen Erste Flüchtlinge aus Berg-Karabach erreichen Armenien

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Die Führung der ethnischen Armenier in Berg-Karabach rechnet mit einem Exodus ihrer Bevölkerung.

Die Führung der ethnischen Armenier in Berg-Karabach rechnet mit einem Exodus ihrer Bevölkerung.

(Foto: picture alliance/dpa/Russian Defense Ministry Press Service/AP)

Mit der Blitzoffensive am vergangenen Dienstag erlangt Aserbaidschan die volle Kontrolle über die Kaukasus-Region Berg-Karabach. Bei der überwiegend armenischen Bevölkerung wächst die Angst vor Unterdrückung aus Baku. Fast alle von ihnen entscheiden sich daher, ihre Heimat zu verlassen.

Nach dem militärischen Sieg Aserbaidschans in Berg-Karabach haben die ersten Flüchtlinge aus der umstrittenen Kaukasus-Region Armenien erreicht. Es handle sich um ethnische Armenier, berichtete die armenische Medienplattform CivilNet. Ein Reporter der Nachrichtenagentur Reuters meldete, mehrere voll beladene Fahrzeuge mit Zivilisten an Bord näherten sich einem Hilfszentrum in der armenischen Grenzstadt Kornidsor. Unter den Flüchtlingen waren vor allem Frauen, Kinder und alte Leute.

Wie AFP-Korrespondenten an der Grenze beobachteten, wurde eine Gruppe von einigen Dutzend Menschen von aserbaidschanischen Grenzschutzbeamten befragt, bevor sie nach Kornidsor durchgelassen wurde. Ein Mann, der in einem der Autos saß, erklärte, er und seine Frau kämen aus einer Siedlung in Berg-Karabach. Einige Flüchtlinge sagten, sie seien aus dem Grenzdorf Eghzahogh, während andere einen weiteren Weg hinter sich hatten.

Ein Mann gab sich als Kämpfer der selbsternannten Republik Berg-Karabach zu erkennen. "Unsere Familien waren in Schutzunterkünften", sagte er. "Gestern mussten wir unsere Gewehre niederlegen, also gingen wir." In Kornidsor angekommen, wurden die Flüchtlinge von armenischen Beamten in einem eigens eingerichteten Ankunftszentrum registriert.

Die Regierung in Armenien bereitete sich bereits auf eine Flüchtlingswelle vor, auf armenischer Seite hatten Menschen seit Tagen auf die Ankunft der Flüchtlinge aus Berg-Karabach gewartet. Nach Aserbaidschans Blitzoffensive am vergangenen Dienstag hat Baku die volle Kontrolle über die Region wiedergewonnen. Zwar sagte Aserbaidschan zu, die Rechte der Armenier in dem Gebiet zu respektieren. Diese befürchten jedoch, unterdrückt zu werden.

Washington "tief besorgt"

Die Führung der ethnischen Armenier in Berg-Karabach rechnet daher mit einem Exodus ihrer Bevölkerung. Die Armenier in der Region wollten nicht als Teil Aserbaidschans leben, sagte David Babajan, ein Berater der selbst ernannten Regierung von Berg-Karabach. "99,9 Prozent ziehen es vor, unser historisches Stammland zu verlassen." Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan sagte laut Nachrichtenagentur Tass, Armenien werde alle ethnischen Landsleute aus Berg-Karabach aufnehmen.

Auch international stieg die Sorge um das Schicksal der armenischen Bewohner Berg-Karabachs. US-Außenminister Antony Blinken übermittelte einem Sprecher zufolge Paschinjan am Samstag in einem Telefongespräch die "tiefe Besorgnis" Washingtons um die ethnischen Armenier in Berg-Karabach. US-Chefdiplomat Blinken versicherte laut Washington, dass die Vereinigten Staaten Aserbaidschan drängten, "die Zivilbevölkerung zu schützen" und "die Menschenrechte und Freiheitsgrundrechte der Bewohner von Berg-Karabach zu respektieren".

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Bei der UN-Generaldebatte in New York forderte der armenische Außenminister Ararat Mirsojan, die Vereinten Nationen müssten unverzüglich Truppen entsenden, um die "Menschenrechts- und Sicherheitslage vor Ort zu überwachen und zu bewerten".

Berg-Karabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, wird aber überwiegend von ethnischen Armeniern bewohnt, die die Region im Südkaukasus mit Hilfe der armenischen Regierung drei Jahrzehnte lang weitgehend kontrollierten.

Quelle: ntv.de, spl/AFP/rts

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