Hisbollah-Chef wählt Worte genau Experten sehen nach Nasrallah-Rede Eskalation vorerst abgewendet
04.11.2023, 13:12 Uhr Artikel anhören
Wie verhält sich die Hisbollah im Krieg der radikalislamischen Hamas mit Israel? In seiner mit Spannung erwarteten Rede ist Hisbollah-Chef Nasrallah zurückhaltend. Dabei könnte sich der 7. Oktober auch für seine Organisation als Wendepunkt erweisen, meinen politische Analysten.
Erstmals seit den Massakern vom 7. Oktober in Israel hat sich am Freitag Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah zu Wort gemeldet. Er lobte die Attacken von Islamisten, bei denen mehr als 1400 Menschen getötet und mehr als 240 als Geiseln verschleppt wurden, als "weise und mutig". Gleichzeitig betonte er, es habe sich um eine "rein palästinensische Aktion" gehandelt. In einer Einschätzung der Rede kam Pentagon-Sprecher Patrick S. Ryder daher zu dem Schluss, dass ein "breiterer regionaler Konflikt" im Nahen Osten zunächst "abgewendet" sei.
Im Gespräch mit der BBC sagte der Brigadegeneral: "Im Moment sehen wir diesen Konflikt als zwischen Israel und der Hamas begrenzt an." Die eng mit dem Iran verbündete Hisbollah gilt als einflussreiche politische Kraft im Libanon und als militärisch deutlich stärker als die Hamas.
Auf die Frage, ob die Hisbollah erfolgreich davon abgehalten werden konnte, in den Konflikt einzutreten, sagte Ryder: "Für unsere Regierung und unser Verteidigungsministerium war es von zentraler Bedeutung, zu verhindern, dass sich dieser Konflikt zu einem größeren regionalen Konflikt ausweitet. Aus diesem Grund haben wir zusätzliche Kapazitäten, darunter zwei US-Flugzeugträger, in die Region verlegt, um uns eine Vielzahl von Optionen und Fähigkeiten zu bieten, falls wir auf eine ganze Reihe von Eventualitäten reagieren müssen."
Ryder betonte, dass die USA keinen Konflikt mit dem Iran oder überhaupt einen Konflikt in der gesamten Region anstrebten. "Wir konzentrieren uns darauf, diesen einzudämmen und so schnell wie möglich zu einer stabilen und sicheren Region zurückzukehren."
Enttäuschung für Hamas
Der US-Think-Tank Washington Institute schlussfolgerte in seiner Analyse der Nasrallah-Rede, der Hisbollah-Führer habe der internationalen Gemeinschaft nicht nur versichert, dass der Iran für keine der Aktionen der Hamas verantwortlich sei, sondern der Hamas-Führung auch signalisiert, dass sie auf sich allein gestellt sei. Nasrallah hatte gesagt: "Dies ist ein rein palästinensischer Kampf und hat nichts mit regionalen oder internationalen Angelegenheiten zu tun."
Daraus schließen die Expertinnen und Experten: "Die Hisbollah wird sich, zumindest vorerst, nicht über die aktuellen Grenzscharmützel hinaus am Krieg beteiligen." Dies müsse enttäuschend für die Hamas-Führung sein, "die sich jetzt wahrscheinlich weniger sicher und isoliert fühlen wird". Möglicherweise könne dies sogar dazu führen, dass die Hamas eher zu Verhandlungen und Kompromissen bereit ist. Zugleich vermute man, dass sich der Schwerpunkt der Zielsetzung der Hisbollah vom "Widerstand" gegen Israel hin zum Schutz der eigenen Interessen und damit auch der Interessen des Irans in der Region verschoben habe.
In Washington sei zudem aufmerksam registriert worden, dass Nasrallah nicht damit gedroht hat, die Waffen der Hisbollah gegen US-Streitkräfte einzusetzen. Man gehe davon aus, dass die US-Militärpräsenz in der Nähe des Libanon abschreckend gewirkt habe. Die jüngsten diplomatischen Aktivitäten der Regierung von US-Präsident Joe Biden im Nahen Osten deuteten zudem "auf eine längerfristige Entschlossenheit hin, eine Eskalation nach dem Krieg zu verhindern". Die Hamas-Massaker könnten dann auch auf die Hisbollah zurückschlagen, so die Analyse. Viele Länder seien zu dem Schluss gekommen, "dass Gruppen wie die Hamas und die Hisbollah eingedämmt werden müssen, bevor sich ein weiterer 7. Oktober ereignet".
Quelle: ntv.de, sba