Nach Cyberattacke auf Sony FBI: Nordkorea hatte "Interview" im Visier
19.12.2014, 20:07 Uhr
Die US-Bundespolizei gibt Pjöngjang die Schuld für die Hacker-Attacke auf den Filmkonzern Sony wegen der Nordkorea-Satire "The Interview". Pjöngjang weist den Vorwurf zurück - zuvor hatte es die Attacke jedoch als "gerechte Tat" bezeichnet.
Die USA machen die nordkoreanische Regierung für den großangelegten Hackerangriff auf Sony verantwortlich. Die Attacke auf den Filmkonzern sei wegen der Nordkorea-Satire "The Interview" erfolgt. Die Bundespolizei FBI erklärte, bei dem Datendiebstahl seien Programme eingesetzt worden, wie sie auch im März 2013 von nordkoreanischen Angreifern bei Cyberattacken auf südkoreanische Banken und Medien verwendet worden seien.
Mit der "Einschüchterung" bewege sich Nordkorea "außerhalb der Grenzen des akzeptablen Verhaltens von Staaten", teilte das FBI mit. Das Weiße Haus hatte den Verantwortlichen zuvor mit einer "angemessenen Reaktion" gedroht. Barack Obamas Sprecher Josh Earnest stufte den Angriff als "Angelegenheit von nationaler Sicherheit" der USA ein, vermied es aber zunächst, von einem Angriff auf diese zu sprechen. Es gebe Beweise, dass ein "anspruchsvoller Akteur mit bösartiger Absicht zerstörerisch" vorgegangen sei.
Nordkorea hat am Freitagabend den Vorwurf zurückgewiesen, hinter der Hacker-Attacke zu stehen. "Unser Land hat keine Beziehung zu dem Hacker", erklärte die nordkoreanische Vertretung bei der UNO in New York. In einer von der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA veröffentlichten Erklärung hatte die nordkoreanische Militärführung die Attacke aber als "gerechte Tat" gut geheißen. Sony habe mit dem Film "The Interview" die "Würde" von Machthaber Kim Jong Un verletzt.
"Nordkorea will Recht auf freie Meinungsäußerung unterdrücken"
Eine Gruppe mit dem Namen Guardians of Peace (GOP) hatte Ende November einen Cyberangriff auf Sony gestartet und interne Dokumente und E-Mails der Produktionsfirma im Internet veröffentlicht. Vor einigen Tagen sprach die Gruppe wegen "The Interview" dann ominöse Drohungen aus und erinnerte an die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA.
Sony zog den Film, in dem es um ein fiktives Mordkomplott gegen Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un geht, daraufhin kurz vor dem für den ersten Weihnachtstag geplanten Kinostart zurück.
"Als Ergebnis unserer Ermittlungen hat das FBI in enger Zusammenarbeit mit anderen US-Regierungsstellen nun genug Informationen, um zu dem Schluss zu kommen, dass die nordkoreanische Regierung für diese Handlungen verantwortlich ist", heißt es in der Erklärung der Bundespolizei. "Wir sind zutiefst besorgt über die zerstörerische Natur dieser Attacke auf ein Privatunternehmen und die Bürger, die dort arbeiten." Nordkorea habe einem in den USA tätigen Unternehmen "bedeutenden Schaden" zufügen und das Recht von US-Bürgern auf freie Meinungsäußerung unterdrücken wollen.
Hollywood setzt offenbar bereits Schere im Kopf an
Experten befürchten, dass der Hackerangriff erst der Anfang sein könnte. "Cyberspionage findet in einem Maße statt, das wir zuvor noch nicht gesehen haben", sagte Denise Zheng, Direktorin am Center für strategische und internationale Studien dem US-Sender CNN. Allein im vergangenen Jahr habe es einem Report der Obama-Regierung zufolge 61.000 Attacken und Sicherheitsverletzungen gegen Einrichtungen der US-Regierung gegeben.
Sonys Rückzug der Kinosatire könne auch als falsches Signal gewertet werden, sagte Zheng. Es müsse eine Antwort auf die Attacke geben, ob von Seiten der Industrie oder der Regierung. Sollten die Angreifer straflos davon kommen, sei das eine schädliche Message.
Offenbar setzen so manche Verantwortliche in Hollywood nach den Terrordrohungen nun bereits selbst die Schere im Kopf an. Der kanadische Comic-Zeichner Guy Delisle berichtet auf seinem Blog, dass die geplante Verfilmung seiner Comic-Erzählung "Pjöngjang" überraschend abgesagt wurde. Er selbst habe davon im Internet erfahren. Die Hauptrolle sollte Steve Carell übernehmen.
Coelho will "The Interview" auf seinem Blog veröffentlichen
Bestseller-Autor Paulo Coelho erklärte sich bereit, die Satire "The Interview" gratis in seinem Blog zu veröffentlichen. In einer Twitter-Botschaft bot er Sony Pictures 100.000 Dollar (rund 81.000 Euro) für die Rechte an. "Sie bekommen 0,01 Prozent des Budgets zurück, und ich kann "Nein" zu Terror-Drohungen sagen", schrieb der 67-Jährige. Er bezweifle jedoch, dass Sony sein Angebot annehmen werde, räumte der Brasilianer ein.
"The Interview" sollte am 25. Dezember in den USA starten. In Deutschland war der Start des Films mit Produktionskosten von rund 44 Millionen US-Dollar (etwa 35 Millionen Euro) für Februar geplant. Sony hat sich auch gegen jede andere Form der Veröffentlichung des Films entschieden, sei es als Video auf privaten Kabelkanälen oder auf DVD, zitierte das Magazin "Variety" eine Sony-Sprecherin.
Quelle: ntv.de, kst/AFP/rts/dpa