"Umvolkung Deutschlands" Fall Kudla beschäftigt Unionsfraktion
26.09.2016, 15:10 UhrDroht der CDU-Bundestagsabgeordneten Kudla nach ihrem unsäglichen Tweet der Rauswurf aus der Unionsfraktion? Die Führung führt intensive Gespräche darüber. Der SPD geht die Distanzierung der CDU nicht weit genug.
Die wegen der Verwendung von nationalsozialistischem Vokabular kritisierte sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla beschäftigt nun die Unions-Fraktionsführung. Diese und die sächsische Landesgruppe im Bundestag führten Gespräche darüber, hieß es in der Fraktion.
Kudla hatte am Wochenende mit einem Tweet für Aufregung und Kritik in der Union gesorgt, weil sie im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise über eine "Umvolkung Deutschlands" gesprochen hatte. Dies ist ein Vokabular, das zuvor nur Parteien wie die rechtsradikale NPD oder einige Politiker der rechtspopulistischen AfD benutzt hatten. Der sächsische CDU-Landesgruppenchef Michael Kretschmer hatte sich am Wochenende von der Äußerung der in Bayern geborenen und ausgebildeten Kudla distanziert. In Leipzig tagte am Montag turnusmäßig der sächsische CDU-Landesvorstand.
In den vergangenen Monaten waren Unions-Abgeordnete wie etwa Erika Steinbach wegen Twitter-Eintragungen vor allem zur Flüchtlingskrise wiederholt auch aus der Fraktionsspitze kritisiert worden. Auch Kudla war vor zehn Tagen wegen eines beleidigenden Tweets gegen den türkischen Journalisten Can Dündar in der Union kritisiert worden. Die Verwendung des Begriffes "Umvolkung" sei aber eine andere Kategorie, hieß es in der Union.
2003 war der CDU-Politiker Martin Hohmann mit großer Mehrheit aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausgeschlossen worden, nachdem er gesagt hatte, man müsse sich die Frage stellen, ob die Juden wegen der Beteiligung an der russischen Oktoberrevolution nicht als "Tätervolk" bezeichnet werden müssten. Damals war die heutige Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel Chefin der Unionsfraktion.
SPD verlangt Rauswurf aus Fraktion
Dem Koalitionspartner SPD geht die Distanzierung der CDU von Kudla geht dem Koalitionspartner SPD nicht weit genug. SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel forderte in den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" den Rauswurf Kudlas aus der Fraktion: "Dass die Union sich bei derart massiven Grenzverletzungen verbal distanziert, aber solche Leute weiter in ihren Reihen duldet, ist für mich nicht nachvollziehbar."
"Die Gefahr besteht, dass rechtsextreme und völkische Äußerungen salonfähig werden und man es als Teil des normalen politischen Spektrums wahrnimmt", warnte Schäfer-Gümbel. "Wir müssen mit unserer besonderen Geschichte besonders aufpassen, dass die Sprache des Dritten Reiches sich nicht einschleicht."
Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, verlangte "klare Worte und eine öffentliche Distanzierung von Seiten der Fraktions- und Parteiführung". Sie sagte der "Frankfurter Rundschau": "Nazi-Sprache hat im Deutschen Bundestag nichts zu suchen."
Quelle: ntv.de, wne/rts/AFP