Politik

Schon 758.00 Einreisen registriert Flüchtlingsprognose des Bundes ist überholt

Mit 5000 Flüchtlingen auf der Balkanroute rechtnet das UNHCR in den kommenden Monaten - im Durchschnitt.

Mit 5000 Flüchtlingen auf der Balkanroute rechtnet das UNHCR in den kommenden Monaten - im Durchschnitt.

(Foto: imago/CommonLens)

Das Innenministerium gesteht ein: Die von Bund prognostizierten 800.000 Flüchtlinge dürften schon im Land sein. Aus Schätzungen der EU und der UN geht zudem hervor, dass der Zustrom auch in den Wintermonaten anhalten dürfte.

In Deutschland sind schon in den ersten zehn Monaten nach offiziellen Angaben so viele Flüchtlinge angekommen wie die Bundesregierung für das Gesamtjahr prognostiziert. Bis Ende Oktober hätten die Bundesländer rund 758.000 Einreisen gezählt, teilte das Bundesinnenministerium in Berlin mit. Allein im Oktober wurde mit 181.000 Migranten ein Höchststand erreicht. Dabei handelt es sich um registrierte Flüchtlinge, die im Datensystem Easy gespeichert wurden.

Vermutlich wurde die vom Bund prognostizierte Zahl von 800.000 Flüchtlingen für 2015 zwei Monate vor Jahresende schon überschritten, weil der tatsächliche Wert meist höher als die Easy-Zahl liegt. Dies liegt daran, dass viele Flüchtlinge erst mit Verzögerung registriert werden. Einige versuchen auch, einer Registrierung zu entgehen. Experten zufolge ist daher von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Am Mittwoch stellte die Bundespolizei 8432 illegale Einreisen fest, davon 5964 in Bayern.

Die Zahl der beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) eingereichten Asylanträge lag im Oktober bei 54.877. In den ersten zehn Monaten stellten 362.153 Personen einen Asylantrag. Dies entspricht einer Steigerung von 129 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Zugleich wurden nach Angaben des Ministeriums bis Ende Oktober 205.265 Entscheidungen im Bamf getroffen und damit mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum 2014. Insgesamt sind aber 328.200 Anträge noch nicht entschieden. Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise hat eine schnelle Bearbeitung versprochen. Die Koalition hat bereits mehr Personal für die oberste Asylbehörde beschlossen. Schnelle Verfahr en sind die Voraussetzung dafür, um Personen ohne Asylgrund schneller abschieben zu können und anerkannte Flüchtlinge rasch zu integrieren.

EU: drei Millionen Flüchtlinge bis 2017

Die meisten bis Oktober eingereisten Flüchtlinge stammen aus dem Bürgerkriegsland Syrien (243.721), aus Albanien (67.676), Afghanistan (67.191), dem Irak (58.754) und dem Kosovo (32.469). Allerdings deutet sich eine Verschiebung an: Im Oktober befanden sich unter den fünf wichtigsten Ländern keine Westbalkanstaaten wie Albanien und Kosovo mehr. Nach den Syrern bildeten im vergangenen Monat die Afghanen die zweitstärkste Flüchtlingsgruppe.  

Die EU-Kommission hat unterdessen ihre Prognose für die Flüchtlingszahlen in Europa angepasst. Sie erwartet bis 2017 die Ankunft von drei Millionen weiteren Flüchtlingen in Europa. Die Kommission rechnet demnach mit der Ankunft von einer Millionen Flüchtlingen im laufenden Jahr, 1,5 Millionen im Jahr 2016 und einer halben Million im Jahr 2017. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici erklärte bei der Vorstellung des EU-Wirtschaftsausblicks, der Flüchtlingsandrang werde eine "schwache, aber positive" Wirkung auf das Wirtschaftswachstum in der EU haben.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR warnt speziell davor, dass der Zustom über die Balkanroute auch im Winter nicht abreißen werde. Man rechne von November 2015 bis Februar 2016 mit der Ankunft von durchschnittlich 5000 Flüchtlingen pro Tag, hieß es einem in Genf veröffentlichten Bericht zum Finanzbedarf für diesen Winter. Damit müssten sich die Länder Kroatien, Griechenland, Serbien, Slowenien und Mazedonien in diesem Zeitraum auf die Ankunft von 600.000 neuen Flüchtlingen einstellen.

Quelle: ntv.de, mbo/dpa/fts

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