Ukraine will Verfassung reformieren "Föderalisierung ist eine biologische Waffe"
07.04.2015, 00:08 Uhr
Die Ukraine steht vor einer Verfassungsreform, Präsident Poroschenko denkt über eine "Dezentralisierung" der Machtbefugnisse nach. Eine "Föderalisierung" wird es mit ihm aber nicht geben.
(Foto: REUTERS)
Die Ukraine will sich mit einer Verfassungsreform dem Westen annähern. Eine Dezentralisierung sei denkbar, sagt Präsident Poroschenko. Das sorgt für scharfe Kritik aus Moskau und von den Separatisten im Osten des Landes. Dort sterben weiter Menschen.
Nach internationalen Reformforderungen für die krisengeschüttelte Ukraine hat eine Verfassungskommission ihre Arbeit aufgenommen. Präsident Petro Poroschenko kündigte bei der ersten Sitzung des Gremiums in Kiew eine "Dezentralisierung" der Machtbefugnisse an, die aber nicht die Bereiche Verteidigung, Sicherheit und Außenpolitik betreffe. Gleichzeitig erteilte er der von den Rebellen verlangten "Föderalisierung" aber eine entschiedene Absage: "Die Föderalisierung ist eine Ansteckung, eine biologische Waffe, die man uns von außen aufzwingen will, um unsere Einheit zu zerstören." Er betonte: "Die Ukraine war, ist und wird ein Einheitsstaat bleiben."
Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte die ukrainische Führung auf, die Reform mit den Aufständischen im Kriegsgebiet Donbass abzustimmen. Gleichzeitig sollten bei der Reform unter anderem auch besondere Wirtschaftsbeziehungen der Südostukraine zu Russland ermöglicht werden. Zudem verlangte er eine Regelung zu den Sprachen im Kriegsgebiet. In der Ostukraine sprechen viele Menschen neben Ukrainisch auch Russisch. Einzige Amtssprache bleibe aber Ukrainisch, kündigte Poroschenko an.
Die prorussischen Separatisten lehnten eine Zusammenarbeit mit der Verfassungskommission ab. Die darin sitzenden Vertreter für den Donbass hätten keine Beziehungen zu ihnen, sagte Denis Putschilin, einer der Anführer der selbstproklamierten "Volksrepublik" Donezk. Er warf Poroschenko auch vor, mit seiner Festlegung gegen die Vorgaben des Minsker Friedensabkommens zu verstoßen, das mehr Autonomie für die Rebellengebiete vorsehe.
Brüchige Waffenruhe
In Minsk war im Februar unter internationaler Vermittlung ein Friedensabkommen geschlossen worden, das nach dem Beginn einer Feuerpause auch politische Reformen in der Ukraine vorsieht. Der blutige Konflikt in der Ostukraine begann genau vor einem Jahr, kurz nachdem Russland die Schwarzmeerhalbinsel Krim annektiert hatte. Am 6. April 2014 eroberten die Rebellen den Verwaltungssitz von Donezk. Mehr als 6000 Menschen wurden bei den Kämpfen seitdem getötet.
Die Waffenruhe im Kriegsgebiet blieb indes weiter brüchig. Bei Beschuss in der Ostukraine wurden nach Angaben eines Militärsprechers mindestens sechs Soldaten getötet. Die Separatisten berichteten von mindestens zwei Toten in ihren Reihen. Beide Seiten machten sich gegenseitig für die Gewalt verantwortlich. Lawrow forderte bei einem Besuch in der Slowakei am Sonntag die Einhaltung des Friedensplans für die Ostukraine sowie das Ende der wirtschaftlichen Blockade der Region durch die Führung in Kiew. Eine militärische Lösung des Konflikts schloss der Minister aus.
Quelle: ntv.de, bad/AFP/dpa