Politik

Mays Antrittsbesuch bei Merkel "Full house hier"

Mit Spannung erwartet: Wie werden sich Angela Merkel und Theresa May verstehen?

Mit Spannung erwartet: Wie werden sich Angela Merkel und Theresa May verstehen?

(Foto: REUTERS)

Theresa Mays erste Auslandsreise als Regierungschefin führt nach Berlin. Im Kanzleramt zeigt man sich geschmeichelt über die Entscheidung. Zugeständnisse will Bundeskanzlerin Merkel aber keine machen.

Als Theresa May aus dem Auto steigt, ist der britischen Premierministerin ihre Aufregung noch etwas anzusehen. Mit militärischen Ehren wird die neue Regierungschefin von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin begrüßt, wie gewohnt souverän und gelassen. Spätestens nach der Zeremonie scheint dann aber auch die Anspannung bei der Premierministerin abzufallen.

Mit großem Interesse wurde dieses erste Treffen von May und Merkel erwartet, den starken Frauen Europas. Bisher hatten beide nur miteinander telefoniert, am Tag von Mays Amtseinführung vor einer Woche. Trotzdem wurden die Politikerinnen schon im Vorfeld miteinander verglichen, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede akribisch aufgelistet. Neben den inhaltlichen Gesprächen ist man deshalb vor allem darauf gespannt gewesen, wie sich die Regierungschefinnen verstehen würden. Zur Pressekonferenz hatten sich daher so viele Journalisten angemeldet wie schon lange nicht mehr. Das bemerkte auch die Bundeskanzlerin und reagierte mit einem scherzhaften: "Full house hier".

Es dürfte kein Zufall sein, dass sich Theresa May für ihre erste Auslandsreise Deutschland ausgesucht hat, um damit deutlich zu machen, dass ihr an engen Beziehungen zu Angela Merkel gelegen ist. Die Bundeskanzlerin deutet das dann auch offen als "Zeichen der Verbundenheit der beiden Länder." Man teile "ähnliche Überzeugungen und gemeinsame Werte". Für die neue britische Premierministerin ist das äußerst wichtig, muss sie doch nach dem Votum der Bürger Großbritanniens das Land aus der Europäischen Union führen und dabei negative wirtschaftliche Folgen so gut es geht vermeiden.

Merkel und May führen keine Vorverhandlungen

May unterstreicht das noch einmal als sie sich für die Einladung nach Berlin bei Merkel auf Deutsch bedankt. Sie fühle sich einer starken und konstruktiven Partnerschaft verpflichtet. "Es gibt ein neues Kapitel, das wir hier in unseren Beziehungen aufschlagen", sagt die Premierministerin. Im Zuge der Pressekonferenz scheinen die Politikerinnen sich daraufhin auch immer weiter anzunähern. "Ich denke, es ist schon wichtig, dass hier zwei Frauen stehen, die jetzt mit der Arbeit beginnen wollen", sagt May. Merkel antwortet: "Dem schließe ich mich inhaltlich voll an."

Im Vorfeld wurde viel über das Schuhwerk von Theresa May spekuliert. Sie ist bekannt für ihre ausgefallenen Pumps.

Im Vorfeld wurde viel über das Schuhwerk von Theresa May spekuliert. Sie ist bekannt für ihre ausgefallenen Pumps.

(Foto: picture alliance / dpa)

Angela Merkel erklärte bereits zum Amtsantritt Mays vergangene Woche, dass sie sich auf die Zusammenarbeit mit der neuen Regierungschefin freue. Sie möchte neben dem Brexit-Prozess "die bilateralen Beziehungen fortsetzen und vertiefen", sagte Merkel dann in der Pressekonfernz. Sie wünsche sich "eine enge Zusammenarbeit mit Großbritannien". Dennoch signalisierte sie auch, dass diese Worte nicht als Freifahrtschein für die Brexit-Verhandlungen gewertet werden können. "Wir werden immer unsere Interessen vertreten, so wie Sie es auch tun", sagte die Bundeskanzlerin. Es sei Sache der britischen Regierung das Verhältnis zur EU zu definieren und die weiteren Schritte einzuleiten. Über diese Situation werde man sprechen, aber "ohne Verhandlungen zu führen weder formell noch informell."

"Wir bleiben immer Europäer"

Überstürzen will May allerdings nichts und sagte, dass nicht vor Ende des Jahres die Scheidung bei der EU eingereicht werden soll. Dennoch: "Brexit bedeutet Brexit", betonte die Premierministerin auch in Berlin, nachdem sie das bereits nach dem Votum Ende Juni klar gemacht hatte. Versöhnlich fügte sie hinzu: "Wir bleiben immer Europäer." Auch Merkel riet zur Besonnenheit: "Es ist verständlich, dass eine Regierung erstmal überlegen muss, was sind unsere Interessen." Eine gute Vorbereitung sei wichtig und im Interesse der Europäischen Union.

Die britische Premierministerin zeigte sich dennoch durchaus positiv, was die Zukunft ihres Landes ohne die Mitgliedschaft in der EU angeht. "Das Land wird aus dem Brexit einen Erfolg machen", sagte sie. May will den Handel und das Wachstum verstärken. "Wir glauben an Freihandel und freie Märkte." Wie das gelingen soll, ist aber noch offen. Großbritannien will durch den Brexit die Vorzüge einer EU-Mitgliedschaft behalten, ohne die Kosten dafür zu tragen. So will das Land einerseits die Einwandererzahlen aus der EU kontrollieren, andererseits aber alle Vorteile des Binnenmarkts behalten, wie zum Beispiel die Zollfreiheit beim Warenverkehr. May warb deshalb für eine Zusammenarbeit mit Deutschland, das Großbritanniens zweitwichtigster Handelspartner und Investor sei.

Beim Abendessen sollen neben den Gesprächen über den Brexit auch Themen wie die Entwicklung in der Türkei, dem Terror und der Flüchtlingsbewegung auf dem Programm stehen.

Quelle: ntv.de

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