Politik

Branche vor Umbruch Gabriel kündigt Rüstungskonzept an

Sigmar Gabriel (M.) äußert sich zusammen mit Armin Papperger (2.vl), Präsident des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. (BDSV), Claus Günther (2.vr).

Sigmar Gabriel (M.) äußert sich zusammen mit Armin Papperger (2.vl), Präsident des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. (BDSV), Claus Günther (2.vr).

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Sicherheitslage wandelt sich und mit ihr die Anforderungen des Bundes an die Militärausrüstung. Dies wird auch die Industrie zu spüren bekommen, bereitet Wirtschaftsminister Gabriel die Branche vor. Die will nun rasch Klarheit.

Angesichts der weltweit neuen Bedrohungen will die Bundesregierung rasch Klarheit über die Neuordnung der deutschen Rüstungsindustrie schaffen. Dabei pocht Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auf eine Konzentration innerhalb der Branche mit ihren knapp 100.000 Beschäftigten. Dies sei auch eine europäische Aufgabe: "Es muss nicht sein, dass 28 befreundete Staaten unterschiedlichste Waffensysteme und Standards haben." Deutschland gilt weltweit als drittgrößter Rüstungsexporteur. 

Die Bundesregierung will bald ein Konzept erarbeiten, das auch die veränderte Bedrohungslage des Westens durch den Russland-Ukraine-Konflikt und den Vormarsch der Islamisten im Irak berücksichtigt. Dabei müsse es eine Antwort geben, welche wehrtechnischen Fähigkeiten Deutschland zum Erhalt seiner Verteidigungsfähigkeit brauche, sagte Gabriel. Anschließend müsse die Branche sagen, ob das, was Bundeswehr, Nato- und EU-Partner bei ihnen bestellten, zum Überleben reiche.

Rheinmetall: Konsolidierung kann sinnvoll sein

Rüstungsindustrie

Diehl Defence, die Rüstungssparte des Nürnberger Diehl-Konzerns, stellt unter anderem Munition, Raketen und Ketten für Panzer her. Umsatz 2013: 533 Mio Euro.

Heckler & Koch, der Handwaffenspezialist aus dem badischen Oberndorf fertigt unter anderem Pistolen, Sturm- und Präzisionsgewehre. Umsatz 2013: 200 Mio Euro.

Krauss-Maffei Wegmann (KMW) in München baut etwa den Kampfpanzer Leopard, den Schützenpanzer Puma oder die Panzerhaubitze 2000. Umsatz 2013: 900 Mio Euro.

MTU  Aero Engines ist ein Triebwerksbauer aus München, der auch für militärische Flugzeuge fertigt, etwa den Motor für den Eurofighter. Umsatz 2013 (Wehrgeschäft): 501 Mio Euro.

Rheinmetell Defence ist die Wehrsparte von Rheinmetall aus Düsseldorf und fertigt Panzer, aber auch Munition oder etwa Flugabwehrsysteme. Umsatz 2013: 2,2 Mrd Euro.

ThyssenKrupp Marine Systems in Kiel baut U-Boote und Kriegsschiffe. Die Firma entstand aus Blohm+Voss und der Howaldtswerke-Deutsche Werft GmbH. Umsatz 2012/13: 1,2 Mrd Euro.

Bei den Unternehmen herrschen indes wegen vieler abgelehnter Exportanträge Skepsis. Hinzu kommt die Sorge um Tausende Arbeitsplätze. Nach Ansicht des Präsidenten des Branchenverbands BDSV, Rheinmetall-Chef Armin Papperger, drängt die Zeit. Andernfalls sei die Wehrtechnologie und somit der Auftrag der Rüstungsbranche gefährdet, "unsere Töchter und Söhne in der Bundeswehr" gut auszurüsten.

Papperger zeigte sich grundsätzlich bereit, eine nationale Marktbereinigung mitzutragen - wenn diese zukunftsfähig sei. "Ich persönlich teile die Einschätzung vom Minister, dass nationale Konsolidierung stattfinden sollte", sagte er Der Sektor brauche starke Firmen, die Schwächeperioden überstehen könnten. Über eine immer wieder spekulierte denkbare Fusion der Panzerhersteller Rheinmetall und Krauss Maffei Wegmann sei nicht gesprochen werden, sagte Gabriel.

Der Chef des Rüstungsunternehmens Diehl, Claus Günther, mahnte, es gebe bereits internationale Projekte ohne deutsche Beteiligung. Das negative Markenzeichen "german free" mache die Runde. Dies könne auf die gesamte deutsche Exportwirtschaft ausstrahlen, glaubt der Industrieverband BDI. Die Rüstungsbranche sei "ein zentraler Bestandteil" der deutschen Industrie und wichtiger Innovationsmotor für andere industrielle Bereiche.

Gabriel weist Verzögerungsvorwürfe zurück

Nach Angaben der Branche sind viele mittelständische Anbieter bereits in Schwierigkeiten, weil Hausbanken wegen gestiegener Unsicherheit im Rüstungsgeschäft höhere Kreditzinsen verlangen. Bei diesem Thema kündigte Gabriel Hilfe an. So könnte es Angebote der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau geben.

Zugleich wies der Minister den Vorwurf, er lasse bewusst Rüstungsexportanträge liegen. "Wir haben keinen riesigen Antragsstau." Es stapelten sich derzeit ungefähr 700 Anträge, normal seien 300 bis 400. Die höhere Zahl ergebe sich durch die Ukraine-Krise, weil allein 100 Anträge für Waffenexporte nach Russland  auf Eis lägen.

Nach Beschwerden von Unternehmen will Gabriel aber prüfen, ob Ausfuhranträge im Dual-Use-Bereich, die zivil und militärisch genutzt werden können, und für Ersatzteil-Lieferungen schneller bearbeitet werden - wenn sie nichts mit Kriegswaffen zu tun haben. Gabriel will den Dialog mit der Rüstungsbranche im November fortsetzen.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts

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