Netanjahu plant Annexionen Gantz geißelt "verantwortungslosen Versuch"
07.04.2019, 17:07 Uhr
Begehrter Streifen Land: Israel hat das Westjordanland 1967 im Sechstagekrieg erobert. Seitdem steht es unter israelischer Verwaltung.
(Foto: imago/UPI Photo)
Es ist Schlussspurt im israelischen Wahlkampf, und Ministerpräsident Netanjahu plant nun, jüdische Siedlungen im besetzten Westjordanland zu annektieren. Sein Herausforder Gantz verurteilt dies scharf. Es sei eine Schande, "mit Menschen so zu spielen". Auch CDU und FDP melden sich zu Wort.
Die Pläne des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu, nach seiner Wiederwahl jüdische Siedlungen im besetzten Westjordanland zu annektieren, rufen im In- und Ausland Kritik hervor. Der israelische Oppositionspolitiker Benny Gantz, der als Netanjahus aussichtsreichster Herausforderer bei der kommenden Parlamentswahl gilt, sprach von einem "verantwortungslosen" Versuch, Wählerstimmen zu werben.
Netanjahu hatte am Samstag in einem Fernsehinterview die Annexion jüdischer Siedlungsgebiete im Westjordanland angekündigt - ein Schritt, den viele Beobachter als Werben um Wähler am rechten Rand des politischen Spektrums interpretierten. Gantz, der im Wahlkampf gemäßigter auftritt, sagte, eine "strategische und geschichtsträchtige" Entscheidung im Wahlkampf zu verkünden, sei "nicht ernstzunehmen und verantwortungslos". Letztlich sei Netanjahus Ankündigung deshalb "ohne Bedeutung". Es sei eine Schande, "mit Menschen so zu spielen".
Auf seine eigene Haltung angesprochen sagte Gantz, er halte nichts von einseitigen Schritten. Er werde sich um ein Friedensabkommen bemühen, das "in der Region und weltweit Unterstützung findet". Dabei werde er auf seinen Prinzipien beharren, wie etwa der Fortbestand der israelischen Siedlungen im Westjordanland.
Kritik auch von Union und FDP
Auch in Deutschland kritisierten Politiker von CDU und FDP Netanjahus Vorstoß. "Wir sehen die gesamte Siedlungspolitik Israels kritisch und können unseren Freunden immer nur wieder sagen, dass einseitige Maßnahmen nicht zu einer friedlichen Gesamtsituation führen werden", sagte der Unions-Fraktionsvize im Bundestag, Johann Wadephul von der CDU, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Wadephul wies aber darauf hin, dass in Israel am Dienstag das Parlament gewählt wird und Netanjahu in einer "prekären Wahlkampfsituation" sei. "Wer innenpolitisch unter Druck ist, der sucht gern andere Felder. Das mag eine Motivation für Netanjahu gewesen sein", sagte er. Auch FDP-Vize-Fraktionschef Alexander Graf Lambsdorff übte Kritik. "Ob es sich um Jerusalem, den Golan oder das Westjordanland handelt: Territoriale Fragen müssen Teil einer umfassenden Lösung sein, das Herausbrechen einzelner Gebiete macht eine Lösung schwieriger, nicht leichter", sagte er dem RND.
Beobachter rechnen bei der Wahl mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen seiner konservativen Likud-Partei und dem Zentrumsbündnis Blau-Weiß von Ex-Generalstabschef Benny Gantz. Umfragen sehen für beide jeweils etwa 30 der 120 Sitze in der Knesset voraus.
In vier von fünf Umfragen, die am Donnerstag und Freitag veröffentlicht wurden, liegen die Blau-Weißen des ehemaligen Fallschirmspringers Gantz vorne. Die große Unbekannte sind die unentschlossenen Wähler: Sie könnten das Wahlergebnis noch entscheidend beeinflussen. Einer Umfrage für die Tageszeitung "Israel Hajom" zufolge haben 35 Prozent der Befragten noch nicht entschieden, wen sie wählen wollen.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP