Umfragen sind "völlig Wurst" Grüne melden mehr als 100.000 Mitglieder
27.04.2020, 16:52 Uhr
Nach der SPD,CDU und CSU haben die Grünen die meisten Parteimitglieder in Deutschland.
(Foto: picture alliance/dpa)
In der Corona-Krise befinden sich die Zustimmungswerte der Grünen im Sinkflug. Doch trotz der düsteren Aussichten verzeichnet die Partei erstmals mehr als 100.000 Mitglieder. Parteichef Robert Habeck begrüßt die Entwicklung und lässt sich von den schlechten Umfragen nicht aus der Ruhe bringen.
Die Grünen haben erstmals in ihrer Geschichte mehr als 100.000 Parteimitglieder. "Das ist ein absoluter Mitgliederrekord für uns", sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner zu t-online.de. Kellner nannte die Entwicklung in den Meinungsumfragen "vollkommen normal". Während die Regierungsparteien - insbesondere die Union - in der Corona-Krise zulegen, verlieren die Grünen an Zustimmung.
Mit der 100.000-Marke erreichten die Grünen "eine neue Stufe in der Entwicklung der Partei", sagte Kellner. Er freue sich, dass seine Partei auch in den vergangenen Wochen weiter gewachsen sei. "Die neuen Mitglieder geben uns eine wahnsinnige Energie und ordentlich Rückenwind - auch für die ja bald wieder anstehenden Wahlkämpfe. Das ist ein richtiger Turbo."
Parteichef Robert Habeck sagte, die Geschlossenheit innerhalb der Grünen - im Bundesvorstand, bei Grünen in Bund, Ländern und Kommunalparlamenten sei "so gut wie selten zuvor". Das und der "Wille, sich nicht mit sich selbst zu beschäftigen", sei seiner Meinung nach das Geheimnis des Erfolgs. Insgesamt seien es nun 101.561 Mitglieder.
Die Grünen sind nach SPD, CDU und CSU die Partei mit den meisten Mitgliedern. Die weiteren im Bundestag vertretenen Parteien Linke, FDP und AfD liegen deutlich unter 100.000 Mitglieder. Ende 2018 hatten die Grünen noch 75.000 Mitglieder gehabt, 2017 waren es 65.000.
Debatten sind wieder "weiter und größer"
Zu den jüngsten Meinungsumfragen sagte Kellner: "Das ist jetzt die Stunde der Exekutive, besonders die CDU steigt in aktuellen Umfragen." Weltweit profitierten Regierungen davon. "Ich würde mich über Umfrageverluste ärgern, wenn wir schwere Fehler gemacht hätten." Aber die Corona-Krise "konnten wir nun nicht vorhersehen".
Die Grünen, die vor der Pandemie mit zumeist mehr als 20 Prozent zweitstärkste Kraft vor der SPD waren, liegen jetzt bei 15 bis 19 Prozent - und damit teilweise wieder hinter den Sozialdemokraten.
Es sei in der Corona-Krise natürlich schwieriger, als Opposition durchzudringen. "Am Anfang ging es um die akute Krisenbewältigung, das ist auch richtig so", sagte Kellner. Jetzt gehe es vermehrt auch um die Frage: "Welchen Zustand wollen wir für nach der Krise eigentlich zurück?" Inzwischen würden die Debatten wieder "weiter und größer", sagte Habeck. "Es wird wieder eine Phase geben, die das politische Spektrum weiter öffnet." Insofern seien ihm die Umfragen "völlig Wurst".
Er sei "überzeugt davon, dass es ein wahnsinnig spannender Wahlkampf wird", fügte Kellner mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr hinzu. Diese sei "völlig offen". Sie werde erstmals ohne einen amtierenden Regierungschef als Kanzlerkandidat stattfinden. Am kommenden Samstag halten die Grünen ihren ersten Parteitag im Internet ab. Es geht darum, wie die Folgen der Corona-Krise für Wirtschaft und Gesellschaft abgefedert werden können.
Quelle: ntv.de, jru/AFP/dpa