"Nein. Jetzt erst recht" Konflikt im Urlaub - Habeck dachte über Politik-Rückzug nach
18.12.2024, 13:56 Uhr Artikel anhören
Kritisiert Markus Söder für dessen Debattenkultur: Robert Habeck.
(Foto: picture alliance / photothek.de)
Als Robert Habeck zu Beginn des Jahres von einem privaten Ausflug zurückkommt, blockiert ein wütender Mob seine Fähre. Der Vorfall hat den Grünen-Kanzlerkandidaten zum Nachdenken gebracht, sagt er nun in einem Interview. Die Zweifel hätten aber nicht lange angehalten.
Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hat zu Beginn des Jahres 2024 darüber nachgedacht, seine Posten niederzulegen und sich aus der Politik zurückzuziehen, nachdem er von Demonstranten attackiert worden war. Dies sei ein Moment der "Zäsur" gewesen, sagte der Wirtschaftsminister in einem "Zeit"-Interview. Am 4. Januar war eine Demonstration am Fähranleger im nordfriesischen Schlüttsiel eskaliert.
An Bord der Fähre befand sich Habeck nach einem privaten Besuch auf Hallig Hooge. Am Fähranleger versammelten sich nach Polizeiangaben 250 bis 300 Bauern und weitere Demonstranten. Ihnen standen nur wenige Polizisten gegenüber. Fahrzeuge wurden am Verlassen der Fähre gehindert. Eine Gruppe Demonstranten durchbrach die Polizeikette und erstürmte die Rampe des Anlegers. Aus Sicherheitsgründen legte das Schiff wieder ab und fuhr zurück nach Hooge. Habeck konnte erst mehrere Stunden später in der Nacht in Schlüttsiel an Land gehen.
"Da brach das Politische voll in meinen privaten, familiären Schutzraum ein", sagte Habeck rückblickend über den Vorfall. Anschließend habe er sich mit seiner Familie zusammengesetzt und sich gefragt: "Bin ich an einen Punkt gekommen, an dem die Politik so viel kostet, dass ich wegen meiner Familie aufhören sollte? Die Antwort von uns allen war: Nein. Jetzt erst recht."
Als Spitzenkandidat der Grünen sprach er auch über seine Chancen bei der bevorstehenden Bundestagswahl. Der 55-Jährige hält das Rennen weiterhin für offen. "Klar bin ich der Underdog", sagte er. Eine Entscheidung sei aber längst nicht gefallen: "Das Rennen ist noch nicht gemacht. Vor uns liegt ein sehr kurzer, intensiver, letztlich offener Wahlkampf." Habeck bekräftigte, Kanzler werden zu wollen. "Wenn man Kanzler werden möchte, muss man sich prüfen, ob man das wirklich will, denn das Amt hat einen hohen Preis." Er habe sich geprüft, am Ende habe eine "sehr bewusste Entscheidung" gestanden: "Ja, ich will das. Ich traue mir das zu."
Gleichzeitig äußerte er sich auch kritisch über den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder. "Falls Friedrich Merz, in welcher Position auch immer, Mitglied einer Regierung wird, darf es kein Neben-Regierungsmitglied in Bayern geben, das immer alles torpediert. Dann hätten wir das Kernproblem der Ampel in die nächste Regierung verlängert", sagte Habeck. "Markus Söder schadet der Debattenkultur in Deutschland und damit der Regierungsfähigkeit seiner eigenen Partei gerade massiv." Aber das müsse Friedrich Merz für die Union klären. "Wer sich mit Donald Trump und Wladimir Putin messen will, der muss sich ja wohl gegen den bayerischen Ministerpräsidenten durchsetzen können."
Im aktuellen RTL/ntv-Trendbarometer liegen Habeck und die Grünen mit 13 Prozentpunkten auf dem vierten Platz hinter SPD (17), AfD (19) und CDU/CSU (30).
Quelle: ntv.de, ses