Politik

Unterstützung für Bundeswehr Heeresinspekteur: Sondervermögen allein reicht nicht

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Der Leopard 2A7 ist die neueste Version des Kampfpanzers. Deutschland hat der Ukraine die Lieferung von 14 Panzern des Typs Leopard 2A6 zugesagt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Deutschlands oberster Heeressoldat sieht einen einen enormen Druck: Die an die Ukraine abgegebenen Waffensysteme müssen schnellstmöglich nachgekauft werden. Eine frühere Einschätzung zur Lage der Bundeswehr will er trotzdem nicht wiederholen.

Das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr wird nach Einschätzung von Heeresinspekteur Alfons Mais nicht für eine Vollausstattung ausreichen. Der Generalleutnant verzeichnet aber Fortschritte im Beschaffungsprozess. "Ich sehe einen sehr großen Druck, die Nachbeschaffungen jetzt mit größtem Tempo voranzubringen.

"Wir haben die Leopard-Panzer noch nicht abgegeben und überlegen richtigerweise schon, wie wir sie schnellstmöglich ersetzen können", sagte Mais. "Bei der Panzerhaubitze und bei den Raketenwerfern hat es sehr lange gedauert, aber auch dort ist jetzt ein extrem hoher Druck drauf." Neben dem Ersetzen von Material, das an die Ukraine abgegeben wurde, sei der "materielle Aufwuchs in Richtung Vollausstattung" wichtig, betonte Mais. "Das Sondervermögen alleine wird dafür jedoch nicht reichen."

Mais hatte unmittelbar nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die jahrelange Vernachlässigung bei der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr ungewöhnlich scharf kritisiert. Die Bundeswehr stehe "mehr oder weniger blank da", hatte er geschrieben und damit einigen Wirbel ausgelöst. "Ich versuche, den Begriff blank nicht mehr zu verwenden. Das wird der Lage heute, ein Jahr später nicht mehr gerecht", sagte Mais nun. Es habe sich seitdem viel getan und die Einsatzbereitschaft dürfe nicht auf das Material verengt werden. "Die Dinge bewegen sich nach vorne."

Die Hilfe für die Ukraine sei eine "riesige Kraftanstrengung, die aber sein muss". Die Truppe wisse das, frage aber nach der Zukunft. "Ganz wichtig ist, dass wir alle das Signal geben, dass das Material, das abgegeben wird, schnellstmöglich wieder ersetzt wird. Dass diese Lücken nicht einfach in Kauf genommen werden", sagte Mais. "Die Lücken passen nicht zu den zukünftigen Aufträgen. Die Regierung hat der NATO Fähigkeiten zugesagt, und das wollen wir natürlich einhalten."

Drei Generationen mit militärisch unterschiedlichen Erfahrungen

Das Szenario für Landes- und Bündnisverteidigung sei anders als in Afghanistan. Das sicherheitspolitische Ziel Deutschlands im internationalen Krisenmanagement sei zu großen Teilen schon erreicht, wenn man mit den politisch opportunen Fähigkeiten dabei sei. Zusätzlich werde eine personelle Obergrenze festgelegt. Und am Ende stehe "der Schutz der Truppe vor der Wirkung im Ziel". "Wenn es draußen zu gefährlich wurde, konnten wir alle mal zwei Tage im Camp bleiben. Das ist im Szenario Landes- und Bündnisverteidigung völlig abwegig. Da ist nicht "Mitmachen" das Ziel, sondern gewinnen", sagte Mais.

"Wenn ich ein Bataillon in einen Auftrag schicke, dann habe ich die Erwartung, dass es seinen Auftrag erfüllt und als Sieger aus diesem Gefecht hervorgeht. Hier geht dann Wirkung vor Deckung, Wirkung geht vor Schutz. Das ist ein komplett anderer Ansatz, den wir auch unserer Truppe, die Afghanistan-erfahren ist, erst mal vermitteln müssen." In Afghanistan habe die Bundeswehr Gefechte nicht aktiv gesucht, sondern sie seien im Prinzip aufgezwungen worden. Mais: "Das wäre jetzt anders. In der Landes- und Bündnisverteidigung suchen die Verbände das Gefecht." Das heiße dann: "Raum einnehmen, Raum verteidigen, das sind ganz andere Begriffe. Initiative ist hier das Schlüsselwort."

Der 60-Jährige sieht in der Bundeswehr nun drei Generationen, die militärisch unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. "Meine Generation hat den Kalten Krieg noch miterlebt. Es ging darum, das Abschreckungsmoment so hochzuhalten, dass in der Kalkulation des Gegners die Kosten einer Aggression unkalkulierbar waren. Damals also Abschreckung, kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen."

Der personelle Mittelbau sei durch Afghanistan geprägt. "Ich habe Brigade- und Divisionskommandeure, die Gefechte geführt haben, die vor 13 Jahren als Bataillonskommandeure ihre Kompanien und Züge ins Gefecht geschickt und damit auch das Töten befohlen haben." Das war gegen "asymmetrische Gegner", die mit Sprengfallen aus dem Hinterhalt kämpften. "Aber wir haben aus dieser Zeit in unseren Mannschaften und im Unteroffizierkorps immer noch einen Kern, dem wir nicht erklären müssen, was es heißt, im Gefecht zu stehen. Hinzu kämen nun noch die ganz jungen Soldaten, die durch ihre Technologieaffinität beeindruckten.

Mais glaubt an den Puma

Derzeit werde die 10. Panzerdivision zur Division 2025 umgegliedert, um der NATO bis zu diesem Jahr eine gefechtsbereite Division zu stellen. Dafür gibt die 1. Panzerdivision Material ab, übernimmt laufende Aufträge und hält dem anderen Großverband den Rücken frei. Ihre Lücken sollen aus dem Sondervermögen wieder aufgefüllt werden.

Mais bekräftigte frühere Aussagen, dass er fest vom modernen Schützenpanzer Puma als Ersatz für den Schützenpanzer Marder überzeugt sei, nachdem Hintergründe der Schäden bei einer Übung im Dezember aufgeklärt seien. "Ich habe daher ein extrem hohes Interesse daran, dass die Bremse beim Puma zeitnah wieder gelöst wird", sagte er. Wichtig sei der Einstieg in das sogenannte zweite Los - eine zweite Großbestellung des Waffensystems. Er hoffe, dass es dafür im April grünes Licht geben werde, um die Verträge zu schließen. "Ich bin vom Puma überzeugt", so Mais.

Quelle: ntv.de, jki/dpa

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