Vorwürfe wegen später Reaktion IS-Vormarsch wird für Obama zum Debakel
30.09.2014, 09:35 Uhr
Hat Präsident Obama zu spät reagiert? Das werfen ihm Politiker und Geheimdienstler vor.
(Foto: dpa)
US-Präsident Obama sagt, die Geheimdienste hätten die Erfolge des IS nicht richtig vorausgesagt. Die wehren sich gegen den Vorwurf: Obama wolle nur von seiner zögerlichen Reaktion ablenken. Man habe mehrfach auf die Gefahr durch die Islamisten hingewiesen.
Abgeordnete, Insider und ehemalige Mitarbeiter haben die US-Geheimdienste vor dem Vorwurf von Präsident Barack Obama in Schutz genommen, das Erstarken der Extremistenmiliz IS nicht vorhergesagt zu haben. "Das war kein Versagen des Geheimdienstes, sondern ein Versagen der politischen Führung, sich dieser Bedrohung zu stellen", erklärte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Rogers.
Die Dienste hätten mehr als ein Jahr lang ausdrücklich vor einem Übergriff der Islamisten in Syrien auf den Irak gewarnt, sagte der Republikaner. Der Ausschuss habe Obama bereits 2013 formell aufgefordert, etwas gegen diese Bedrohung zu unternehmen.
Auch Rogers' demokratischer Ausschusskollege Adam Schiff erklärte, die Nachrichtendienste trügen keine Schuld. "Es ist eine Sache, gute Geheimdienstinformationen zu liefern und eine andere, die Zukunft vorhersagen zu können", sagte er. Hochrangige Mitarbeiter des CIA und anderer Dienste lehnten zwar öffentliche Stellungnahmen zu Obamas Vorwurf ab. Hinter vorgehaltener Hand verwiesen sie jedoch auf mehrere Warnungen im vergangenen Jahr, die zum Teil über Kongressanhörungen öffentlich gemacht worden seien.
Ein Ablenkungsmanöver?
Ehemalige Geheimdienstmitarbeiter warfen Obama offen vor, von der eigenen zögerlichen Reaktion auf die Vorstöße der IS-Miliz ablenken zu wollen. "Es ist immer einfach, die Geheimdienste zum Sündenbock für die Fehler des Weißen Hauses zu machen", sagte der ehemalige CIA-Mitarbeiter Bruce Riedel, der Obama in der Vergangenheit beraten hat. Wenn der Präsident wirklich von einem Versagen der Dienste ausgehe, stehe es ihm frei, ihre Führung auszutauschen.
Obama hatte am Sonntag in einem CBS-Interview gesagt, die amerikanischen Geheimdienste hätten die Entwicklung in Syrien unterschätzt. Er berief sich dabei auf eine Äußerung des Geheimdienstleiters James Clapper. Dieser hatte einer Zeitung gesagt, die Nachrichtendienste hätten den Siegeswillen der Islamisten nicht richtig beurteilt. Allerdings betonte Clapper zugleich, die zunehmende Schlagkraft des IS und die Schwächen der irakischen Armee seien korrekt weitergegeben worden.
Präsidialamts-Sprecher Josh Earnest erklärte auf mehrfache Nachfrage von Journalisten, Obama habe den Geheimdiensten nicht die Schuld geben wollen. Der Präsident und die Dienste hätten beide die Situation unterschätzt, sagte Earnest.
Quelle: ntv.de, mli/rts