Nach dem Scheitern der Feuerpause Israel lehnt Nahost-Verhandlung ab
02.08.2014, 16:12 Uhr
Israel intensivierte seine Angriffe. Die Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist katastrophal.
(Foto: picture alliance / dpa)
Vertreter Israels und verschiedener Palästinenser-Organisationen sollen über ein Ende des Nahost-Konflikts verhandeln - an diesem Plan hält Ägypten fest und will keine Zeit verlieren. Doch Israel macht nicht mit. Womöglich, weil es dem Ziel seiner Offensive sehr nah ist.
Ägypten gibt die in Kairo geplanten Verhandlungen über eine Beendigung der Kämpfe im Gazastreifen nicht verloren - trotz eines Dämpfers aus Israel. Aus Regierungskreisen verlautete in Jerusalem, das Land werde für Samstag niemanden nach Kairo entsenden. Dort werden Vertreter verschiedener Palästinenser-Organisationen wie der PLO, der Hamas und des Islamischen Dschihad erwartet, um eine diplomatische Lösung des Gaza-Konflikt zu errreichen. Ein Vertreter der israelischen Regierung warf der radikal-islamischen Hamas vor, sie führe internationale Vermittler in die Irre. "Hamas ist an einer Beilegung nicht interessiert", sagte der Regierungsvertreter.
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi sieht den Plan seiner Regierung als echte Chance, eine Lösung für den Konflikt zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas zu finden: "Verlorene Zeit macht die Situation immer komplizierter", sagte er.
Ursprünglich hatte Israel seine Teilnahme an den Verhandlungen in der ägyptischen Hauptstadt zugesagt. Das geschah jedoch, bevor am Freitag eine maßgeblich von Ägypten vermittelte dreitägige Feuerpause keine zwei Stunden nach ihrem Beginn gescheitert war. Israel machte dafür Hamas-Kämpfer verantwortlich, die Soldaten aus einem Tunnelsystem heraus angegriffen hatten. Von einem Selbstmordattentäter seien dabei zwei Soldaten getötet worden. Ein dritter Soldat, der 23-jährige Leutnant Hadar Goldin, wurde nach israelischer Darstellung mutmaßlich von Hamas-Kämpfern verschleppt. Israels Militär hatte daraufhin das Gebiet bei Rafah im Süden des Gazastreifens unter schweren Granatenbeschuss genommen. Dabei sollen 150 Palästinenser getötet worden sein.
"Tunnelzerstörung kurz vor Abschluss"
Der mutmaßlich von Hamas-Kämpfern verschleppte israelische Soldat ist möglicherweise tot. Die Hamas erklärte, sie habe keine Kenntnisse über den Aufenthaltsort des Soldaten. "Wir haben den Kontakt zu den Kämpfern verloren, und wir gehen davon aus, dass sie alle bei dem Beschuss Israels gestorben sind", teilten die Kassam-Brigaden mit, der bewaffnete Arm der Hamas. Sollten die Kämpfer im Süden des Gazastreifens den Soldaten tatsächlich verschleppt haben, müsse er ebenfalls ums Leben gekommen sein.
Die Kämpfe dauern derweil an. Das israelische Abwehrsystem fing drei Raketen ab, zwei davon im Gebiet von Tel Aviv. Auch Israel setzte seine Luftangriffe im Gazastreifen fort. Unter den Zielen war auch ein Gebäude auf dem Universitätsgelände in Gaza, das nach Darstellung des Militärs von der Hamas zur Entwicklung von Waffen genutzt wurde.
"Nach unserer Auffassung stehen unsere Ziele, vor allem die Zerstörung der Tunnel, kurz vor dem Abschluss", sagte ein israelischer Militärsprecher. Dies könnte ein erstes Signal sein, dass sich die Kämpfe nach dreieinhalb Wochen abschwächen könnten. Die Zerstörung des weit verzweigten Tunnelsystems, das die Hamas als Waffenlager und für Vorstöße in das israelische Kernland nutzt, war erklärtes Ziel der israelischen Offensive.
Flüchtlinge können zurück
Palästinensischen Flüchtlingen aus Beit Lahija im Norden des Gazastreifens hat Israel zugesichert, dass sie am Samstag in ihre Wohnungen zurückkehren können. Den Einwohnern werde aber geraten, sich vor Sprengkörpern in acht zu nehmen, die von der radikalislamischen Hamas über das Gebiet verteilt worden seien, teilt das israelische Militär in Jerusalem mit. In Beit Lahija leben etwa 70.000 Menschen. Viele waren vor den Kämpfen zwischen den israelischen Streitkräften und der Hamas geflohen.
Seit Beginn der israelischen Militäroffensive am 8. Juli wurden über 1650 Palästinenser getötet. Die meisten von ihnen waren Zivilisten. Auf Seiten Israels kamen 63 Soldaten ums Leben. Drei Zivilisten starben durch Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen.
Quelle: ntv.de, asc/rts