Politik

Geschichten von Mutter und Vater Ist Putin der Sohn einer Georgierin?

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(Foto: REUTERS)

Kurz vor dem 70. Jahrestag des Kriegsendes erzählt Wladimir Putin von seinen Eltern. Sein Vater kämpfte gegen die Deutschen, seine Mutter habe sie dennoch nicht gehasst. Parallel dazu erscheint ein Artikel, der die Frage aufwirft, ob dies wirklich Putins leibliche Eltern waren.

Während des Zweiten Weltkriegs, als Leningrad von den Deutschen belagert wurde, erkrankte die Mutter von Wladimir Putin. Sanitäter wollten sie mitnehmen - nicht um sie ins Krankenhaus zu bringen, sondern weil sie glaubten, dass sie bald tot sein werde. Doch Putins Vater hielt die Sanitäter auf, er pflegte seine Frau, bis sie gesund war. "Sie lebte bis zum Jahr 1999. Er verstarb Ende 1998", schreibt der russische Präsident in einem Artikel, der heute in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erschien.

Aber waren die beiden wirklich Putins leibliche Eltern? In der aktuellen Ausgabe der "Zeit" erzählt der Journalist Steffen Dobbert eine großartige Geschichte, die zunächst unglaublich klingt: Demnach behauptet eine 1926 geborene Georgierin namens Vera Putina, die Mutter von Wladimir Putin zu sein. Ihr "Wowa", wie sie den Jungen nannte, sei am 7. Oktober 1950 zur Welt gekommen, unehelich - der Vater des Kindes war bereits verheiratet und lernte seinen Sohn nie kennen.

Als Vera Putina ein paar Jahre später selbst heiratete, fingen die Probleme an: Ihr Mann akzeptierte seinen Stiefsohn nicht, "Wowa" wuchs daher bei seinen Großeltern auf. Mit neun Jahren gaben die ihn ebenfalls weiter, an ein kinderloses Paar, mit dem sie entfernt verwandt waren: Wladimir Spiridonowitsch Putin und Maria Iwanowna Putina. Offiziell sind diese beiden Putins leibliche Eltern. Laut Vera Putina zogen die beiden mit dem Jungen nach Leningrad, meldeten ihn bei den Behörden an und ließen dabei seine Geburtsurkunde ändern.

Drei Morde in Moskau, Tiflis und Baku

Diese Geschichte ist bereits 15 Jahre alt, Vera Putina hat sie im Januar 2000 einem Tschetschenen namens Rustam Daudow erzählt, der damals in der tschetschenischen Repräsentanz in Tiflis arbeitete. Ein russischer Journalist, dem Daudow das Video mit Putinas Aussage übergeben wollte, starb auf dem Weg nach Tiflis - sein Flugzeug stürzte im März 2000 nach dem Start in Moskau ab. Ein italienischer Journalist, dem Daudow eine Kopie seiner Videoaufnahmen gab, wurde im Oktober 2000 ermordet. Drei Jahre später wurde in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku ein Rustam Daudow erschossen - ein anderer Daudow, ein Namensvetter.

Die drei Morde sind nicht die einzigen Merkwürdigkeiten. Im Februar fuhr Dobbert selbst nach Metechi, das Dorf nahe Tiflis, in dem Vera Putina noch immer lebt. Eine ihrer Töchter verhinderte, dass der deutsche Journalist mit ihr sprach. "Sie darf nichts mehr erzählen. Man hat ihr verboten, mit Journalisten zu sprechen", sagte die Frau, die Putins Halbschwester sein könnte. Das russisch-georgische Verhältnis ist angespannt: 2008 führten die beiden Länder Krieg, Russland unterstützt zudem die abtrünnigen Landesteile Abchasien und Südossetien.

Vor ein paar Jahren seien zwei Männer und zwei Frauen gekommen und hätten ihrer Mutter Blut abgenommen, erzählte die Tochter von Vera Putina. Sie ist sicher, dass diese Leute vom russischen Geheimdienst kamen. Gehört haben sie nie wieder von ihnen. Auch ohne Bluttest ist sie überzeugt, dass die Geschichte ihrer Mutter stimmt. "Niemand hier zweifelt daran, dass Wladimir Putin der Sohn unserer Mutter ist."

Dobbert schreibt, zehn Tage nach seiner Anfrage zur Kindheit Putins beim Sprecher des Kreml sei in der Zeitschrift "Russki Pioner" ein längerer Gastbeitrag von Wladimir Putin erschienen - es ist derselbe Text, den die FAZ heute bringt, parallel zum Erscheinen der "Zeit". Putin geht darin detailliert auf seine Kindheit ein - nachdem er, wie Dobbert betont, sich jahrelang nicht ausführlich zu seiner Familie geäußert hatte. Anlass des Artikels ist der 70. Jahrestag der deutschen Kapitulation.

"Kein Wort haben sie sich ausgedacht"

Putin beschreibt, wie sein Vater sich nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion freiwillig zum Kriegsdienst meldete, wie er hinter den feindlichen Linien eingesetzt und dort verwundet wurde und nur dank eines Nachbarn überlebte. Der Präsident erzählt nicht einfach die Geschichte seiner Familie, die so oder ähnlich viele Russen erzählen könnten. Putin fügt sich ein in die Tradition des "Großen Vaterländischen Krieges", um seine Rolle als Vater der Nation auszubauen. Gleichzeitig, so Dobbert, "wirkt es wie das Bemühen, mögliche Zweifel an seiner Biografie zu widerlegen".

Einige Details der Geschichte dürften symbolisch zu verstehen sein. Putin baut in seinem Bericht Gegensätze auf: Loyalität und Verrat, Kampf und Versöhnung, Deutsche und Faschisten. Letzteres ist die zentrale Botschaft: der Feind, das waren nicht die Deutschen, sondern die Faschisten. Seine Mutter, die ein warmherziger Mensch gewesen sei, habe gesagt: "Wie soll man diese Soldaten hassen? Es waren einfache Leute, und sie sind auch im Krieg gefallen."

In seinem Artikel weist Putin darauf hin, wie er diese Erzählungen mitbekam: "Ich war, wenn die Erwachsenen miteinander sprachen und Erinnerungen austauschten, einfach dabei." Später habe sich herausgestellt, "dass alles, was meine Eltern über den Krieg erzählt hatten, wahr war. Kein Wort hatten sie sich ausgedacht, keinen Tag durcheinandergebracht."

Quelle: ntv.de, hvo

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