Politik

Kompromissvorschlag Jetzt müssen die Staatsschefs entscheiden

Sie wollen sich heute einigen: Merkel, Tsipras, Hollande und die Eurozone.

Sie wollen sich heute einigen: Merkel, Tsipras, Hollande und die Eurozone.

(Foto: dpa)

Die Finanzminister der Eurozone erarbeiten so etwas wie einen Kompromiss zur Rettung Griechenlands, beenden ihre Gespräche - und übergeben den Stab. Über offene Fragen, und derer soll es viele geben, verhandeln nun die Staats- und Regierungsschefs.

Nach einem zweitägigen Treffen der Finanzminister der Eurozone beraten jetzt die Staats- und Regierungschefs der Währungsunion über ein neues Rettungsprogramm für Griechenland. Die Gespräche der Minister seien beendet worden, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Es seien aber "noch immer eine Reihe von großen Fragen offen". Darüber müssten nun die Staats- und Regierungschefs entscheiden, deren Gipfel um kurz nach 16 Uhr begann.

Der finnische Finanzminister Alexander Stubb sagte, die Finanzminister hätten "viele Fortschritte gemacht". Es liege nun "ein sehr guter Vorschlag auf dem Tisch", der mit "weitreichenden Bedingungen" für die weitere finanzielle Unterstützung Griechenlands versehen sei. So müsse das griechische Parlament bis Mittwoch eine Reihe von Gesetzen beschließen - also Reformen, die Griechenland umgehend umsetzen muss.

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Zudem gebe es "harte Bedingungen" mit Blick auf die Arbeitsmarkt- und Rentenreform sowie Steuererhöhungen, sagte Stubb weiter. Darüber hinaus verlangten die Euroländer auch "harte Maßnahmen bei Privatisierungen". "Am wichtigsten" sei aber, dass "das gesamte Paket" nicht nur von der griechischen Regierung, sondern auch vom griechischen Parlament gebilligt werden müsse, bevor es Verhandlungen mit dem Rettungsfonds ESM über ein neues Hilfspaket geben könne. Die Zeit drängt, denn Griechenland droht die Pleite. Das Land muss in diesem Monat 4,2 Milliarden Euro an die Gläubiger zurückzahlen - die es nicht hat. Im Gespräch ist ein Hilfspaket mit einem Umfang von 72 Milliarden Euro.

Merkel: Keine Lösung um jeden Preis

Die mächtigste Politikerin der Eurozone bleibt vor der entscheidenden Sitzung im griechischen Schuldendrama bei ihrer fordernden Haltung. "Wir werden heute harte Gespräche haben und es wird keine Einigung um jeden Preis geben", sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Auftakt des Sondergipfels der Staats- und Regierungschefs der Eurozone in Brüssel. Sie müssen in den nächsten Stunden den Beschluss fällen, ob Griechenland Teil der Eurozone bleibt oder zur Drachme zurückkehrt.

"Ich weiß, dass die Nerven angespannt sind", sagte Merkel zu den Verhandlungen in der Eurogruppe. Sie beklagte, dass die griechische Führung um Premier Alexis Tsipras in den letzten Monaten viel Vertrauen verspielt habe. Am Ende des Abends müssten dann die Vorteile die Nachteile überwiegen, um in Verhandlungen für ein drittes Hilfspaket einzusteigen. "Darum geht es: Um nicht mehr und nicht weniger. Ob es gelingt, das müssen wir sehen", machte die Bundeskanzlerin deutlich.

Hollande ist versöhnlicher

Wesentlich kompromissbereiter gab sich der französische Präsident Francois Hollande. "Frankreich wird alles dafür tun, um heute Abend eine Einigung zu." Es gehe darum "zu erfahren, ob Athen morgen noch in der Eurozone ist". Der deutschen Idee für ein temporäres Euro-Aus für Griechenland über fünf Jahre erteilte Hollande eine Absage. "Es gibt keinen provisorischen Grexit: Es gibt einen Grexit oder keinen."

Vor den richtungsweisenden Stunden für sein seines Landes hat der griechische Premier Alexis Tsipras an die Einheit Europas appelliert. "Ich bin bereit für einen ehrlichen Kompromiss." Die Völker Europas wollten ein einiges und kein geteiltes Europa. "Wir können heute Abend ein Ergebnis erreichen, wenn alle Parteien das wollen", erklärte er, bevor er den Sitzungssaal betrat.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat den Vorschlag zu einem vorübergehenden Austritt Griechenlands aus der Eurozone als "Mogelpackung" kritisiert. Ein Austritt auf Zeit sei "nichts anderes als ein Grexit", sagte er dem "Handelsblatt". Man könne nicht Griechenland zeitweise ausschließen und dann prüfen, ob das Land in die Währungsunion zurückkehren dürfe.

Bofinger äußerte zugleich Bedenken gegenüber der These, dass Griechenland außerhalb der Eurozone durch Abwertung seine Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen und nach einigen Jahren gestärkt wieder beitreten könne. "In einer idealen Welt, mit einer starken und harten Regierung, würde das vielleicht klappen", führte er aus. "Unter den tatsächlichen Verhältnissen in Griechenland sind Chaos und Hyperinflation wesentlich wahrscheinlicher." Für die Gläubiger sei das auf keinen Fall die billigere Lösung.

Quelle: ntv.de, vpe/AFP/DJ/dpa

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