Politik

46-Jährige reist in den Krieg Kanadisches Ex-Model kämpft gegen den IS

Die 46-Jährige, die sich selbst "Tiger Sun" nennt.

Die 46-Jährige, die sich selbst "Tiger Sun" nennt.

(Foto: facebook.com/tigersun88)

Immer wieder schließen sich Freiwillige aus dem Westen dem kurdischen Widerstand in Syrien an, um gegen den IS zu kämpfen. Ungewöhnlich ist der Fall eines Ex-Models aus Kanada. Sie gab ihr schillerndes Leben an der Pazifikküste auf, um in den Krieg zu ziehen.

Die 46-Jährige hat eine Tochter, fährt gerne Motorrad, hat ein Einkommen als Model und lebt in der Traumstadt Vancouver zwischen Pazifik und Rocky Mountains. All das hat die Frau, die sich "Tiger Sun" nennt und ihren echten Namen nicht preisgeben möchte, aufgegeben, um sich in Syrien den kurdischen Widerstandskämpfern der YPG anzuschließen.

"Tiger Sun" mit einem Kämpfer der YPG.

"Tiger Sun" mit einem Kämpfer der YPG.

(Foto: facebook.com/tigersun88)

Der britischen Zeitung "Daily Mail" hat sie nun ihre Eindrücke aus dem Kampfeinsatz geschildert. Am 1. März war die Kanadierin nach Syrien gereist. Ihre volljährige Tochter ließ sie in Kanada zurück. Zu dem Schritt entschied sie sich, nachdem sie IS-Propagandavideos mit John McGuire, einem in Kanada bekannten Konvertiten, gesehen hatte.

Gehirnstückchen beim Mittagessen

Der "Daily Mail" berichtet sie von den Gräueln des Krieges: Einst habe sie gesehen, wie ein kleines Mädchen auf eine Landmine trat und an ihren Verletzungen sterben musste, weil die Kurden keine ausreichende medizinische Ausbildung und Ausrüstung haben. Sie habe nach einer Explosion einen abgerissenen Finger aufgelesen, doch weit und breit konnte sie den dazugehörigen Körper nicht finden. In einer Kampfpause, als ihre Truppe etwas zu Mittag gegessen hatte, sah sie eine gräuliche Masse auf dem Boden und erkannte, dass es Teile eines menschlichen Gehirns waren.

"Habe ich Gewalt gesehen? Habe ich gesehen, wie der IS unschuldige Menschen tötet? Ja, ich war im Kampf. Ich hab gesehen, wie sie uns töten wollten. Wir haben Daesh (IS) gesehen, wir haben Daesh getötet und das ist alles. Es ist eigentlich ganz simpel", sagt Tiger Sun.

Ein Training hatte die Kanadierin vor ihrer Abreise nicht absolviert. Bei ihrer Ankunft in Syrien habe die YPG ihr eine kurze, grundlegende Ausbildung angeboten. Danach ging es direkt in den Kampfeinsatz. An der Seite anderer Kämpfer aus dem Westen wurde sie als Aufklärerin eingesetzt. Mit einem Feldstecher und einem Schnellfeuergewehr ausgerüstet, spürte sie IS-Kämpfer auf, die dann zumeist von Scharfschützen getötet wurden.

Sex unter den Kämpfern

Doch der Kampf, das Klima, die psychische Belastung und die Mangelernährung setzten ihr zu. Am 17. Juni schrieb sie auf ihrem Facebook-Profil: "Am 14. Juni haben 15 YPG-Kämpfer und sechs westliche Kämpfer - ich eingeschlossen - die Brücke in Richtung Tell Abyad angegriffen. Nach drei Versuchen haben wir sie endlich eingenommen. Am nächsten Tag haben wir die Stadt eingenommen und den Korridor zwischen Kobane und Serikanyie durchtrennt. Mein Ziel habe ich erreicht, für mich ist der Krieg vorbei. Ich komme nach Hause."

Der "Daily Mail" berichtet sie weiter, dass Frauen und Männer in der YPG gleichberechtigt behandelt würden - egal, ob es sich um Kurden oder westliche Kämpfer handelt. Auch sexuelle Kontakte würde es geben, wenngleich sie weitgehend geheim gehalten würden.

Die 46-Jährige hat den Einsatz weitgehend unbeschadet überstanden. Andere westliche Kämpfer verloren in der jüngsten Vergangenheit ihr Leben im Kampf gegen den IS. Im Juni wurden ein US-Amerikaner und ein Australier getötet, im März starb die 19-jährige Ivana Hoffmann aus Duisburg in einem Gefecht in Tel Tamer.

Quelle: ntv.de, bdk

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