Politik

Historische Sitzung in Barcelona Kataloniens Parlament will abstimmen

Loslösung von Spanien: Im katalanischen Parlamentsgebäude in Barcelona soll die Entscheidung fallen.

Loslösung von Spanien: Im katalanischen Parlamentsgebäude in Barcelona soll die Entscheidung fallen.

(Foto: REUTERS)

In Spanien stehen die Zeichen auf Konfrontation: Das katalanische Regionalparlament stellt sich gegen das Verbot des spanischen Verfassungsgerichts und setzt eine Abstimmung über den umstrittenen Schritt in die Unabhängigkeit an.

Das Regionalparlament in Katalonien hat trotz des Verbots des spanischen Verfassungsgerichts eine Sitzung angekündigt, in der eine Entscheidung über eine Unabhängigkeitserklärung fallen soll. Das sagte ein Vertreter der Regionalregierung der britischen BBC.

Die Parlamentarier wollen demnach zu Beginn kommender Woche zu einer Sitzung zusammenkommen. Ob es vor der Abstimmung zu einer ausführlichen Aussprache im Plenum kommen soll, ist noch unklar. Oppositionsparteien hatten sich bereits bei der Ansetzung des umstrittenen Referendums vehement gegen eine Loslösung von Spanien ausgesprochen. Auch in der Bevölkerung gibt es bei weitem nicht nur Befürworter der Unabhängigkeit. An dem Referendum vom vergangenen Sonntag hatten sich, offiziellen Angaben aus Barcelona zufolge, nur 42 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt; 90 Prozent stimmten für die Unabhängigkeit. Gegner einer Abspaltung blieben der Wahl überwiegend fern.

Gegen Verfassung und Regierung

In Madrid dürfte die Ankündigung der abtrünnigen Regionalregierung einen Sturm der Empörung auslösen. Das spanische Verfassungsgericht hatte die für eine Abstimmung über die Unabhängigkeit vorgesehene Sitzung des katalanischen Parlamentes ausdrücklich untersagt. Die katalanischen Sozialisten (PSC) - strikte Gegner der Separatisten - hatten Beschwerde gegen die geplante Sitzung eingereicht, weil sie die Verfassung verletze und die Rechte der Abgeordneten missachte.

Schon das Referendum war von den Verfassungsrichtern in Madrid untersagt worden. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy lehnt weiterhin jeden Dialog mit der Regionalregierung Kataloniens ab. Gesprächsangebote der Separatisten wies er energisch zurück. "Sie haben schon viel Schaden verursacht, ziehen Sie die Drohung einer Abspaltung zurück", hieß es in einem Kommuniqué an die Adresse des katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont gerichtet.

Kritik an Rajoy

Rajoys Amtsvorgänger und Parteifreund José María Aznar kritisierte die Passivität der Regierung und brachte sogar Neuwahlen ins Spiel. Der Regierungschef müsse nun Härte zeigen oder Platz für eine andere Regierung machen, hieß es in einer Analyse seiner Stiftung Faes. Der 64-Jährige gehört wie Rajoy der konservativen Volkspartei (PP) an und hatte Spanien von 1996 bis 2004 regiert.

Puigdemont hatte Madrid zuvor zu Verhandlungen aufgerufen. Er habe bereits viele Vermittlungsangebote erhalten und "es wäre unverantwortlich", diese nicht anzunehmen, erklärte der 54-Jährige in einer Fernsehansprache in Barcelona. Gleichzeitig stellte er klar, dass die Pläne zur Ausrufung der Unabhängigkeit auf jeden Fall verwirklicht werden sollen.

Tritt Artikel 155 in Kraft?

Aznar betonte, Madrid müsse alle in der Verfassung verankerten Artikel in Betracht ziehen. Damit wird spanischen Medien zufolge auf den Artikel 155 angespielt, der es der Regierung ermöglichen würde, die Regionalregierung zu entmachten und die Kontrolle über die autonome Region zu übernehmen. Beobachtern zufolge wird diese Option immer wahrscheinlicher.

Falls Rajoy sich dazu nicht durchringen könne, müsse er den Spaniern die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, wer das Land aus der Krise führen soll, hieß es mit Blick auf mögliche Neuwahlen. Madrid dürfe keinesfalls weiter "im Nichtstun" verharren.

Quelle: ntv.de, mmo/wne/dpa/rts

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