Brüchige Waffenruhe Koalition bestätigt Angriff auf syrischen Stützpunkt
17.09.2016, 20:47 Uhr
Die US-Führung bestätigte die Angriffe auf die syrische Armee bisher nicht. (Symbolbild)
(Foto: picture alliance / dpa)
Bei einem Luftangriff gegen den IS trifft die von den USA geführte Koalition irrtümlich syrische Truppen. Zwischen Amerika und Russland steht viel auf dem Spiel. Doch die US-Regierung versichert, sie wolle sich weiterhin an die Waffenruhe halten.
Die von den USA angeführte Koalition in Syrien hat möglicherweise aus Versehen einen Stützpunkt der syrischen Armee angegriffen. Beobachtern zufolge starben bei dem Luftangriff auf Regime-Stellungen im Osten des Landes mindestens 60 Soldaten, mehr als 100 seien verletzt worden. Nach Angaben des US-Zentralkommandos habe die Koalition den Angriff sofort abgebrochen, als russische Vertreter Verantwortliche der Koalition darauf aufmerksam gemacht hätten, dass es sich bei dem Ziel möglicherweise um syrische Regierungstruppen handele.
Die Koalition sei davon ausgegangen, dass es sich um Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehandelt habe, teilte das US-Zentralkommando mit. Die Einheiten hätten die Zielposition für eine erhebliche Zeit beobachtet. Opferzahlen bestätigte das Kommando nicht.
Die US-Regierung versichert, sich weiterhin an die Waffenruhe zu halten. Man werde bei den weiteren Angriffen auf Kämpfer der Islamistengruppen IS und Al-Kaida in Übereinstimmung mit den Vereinbarungen der Waffenruhe handeln, erklärte ein ranghoher Vertreter der US-Regierung. Nach seinen Angaben übermittelte die Regierung über die russische Regierung auch ihr "Bedauern" über die nichtbeabsichtigte Tötung zahlreicher syrischer Soldaten.
Das russische Verteidigungsministerium sprach am Abend unter Berufung auf das örtliche syrische Kommando von mehr als 60 getöteten Regierungssoldaten. Etwa 100 seien verletzt worden. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte geht von mindestens 83 Toten und mehr als 120 Verletzten aus.
Auch Kampfhubschrauber beteiligt
Wie die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete, seien Stellungen der Armee in der Nähe eines Militärflughafens in der Provinz Dair as-Saur angegriffen worden. Es ist das Kernland der Islamisten, syrische Regierungstruppen kontrollieren hier nur kleine Gebiete. Direkt nach dem Luftangriff seien Kämpfer des IS am Boden in die Offensive gegen den Stützpunkt gegangen.
Auch das IS-Sprachrohr Amak berichtete vom Vorrücken der Dschihadisten. Den Moskauer Angaben zufolge kamen die Flugzeuge der Koalition aus dem Irak in den syrischen Luftraum und flogen vier Angriffe. Auch Kampfhubschrauber waren nach Berichten der Beobachtungsstelle für Menschenrechte an dem Angriff beteiligt. Igor Konaschenkow, Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, schloss nicht aus, dass die Attacke ein Versehen sei. Er führte den Fehler zurück auf die Weigerung der USA, ihr militärisches Vorgehen gegen terroristische Gruppen in Syrien mit Russland abzustimmen.
Zahlreichen Brüche der Waffenruhe
Das US-Zentralkommando verwies auf die "komplexe" Situation in Syrien mit verschiedenen militärischen Kräften und Milizen in nächster Nähe zueinander. "Aber Koalitionskräfte würden keine syrische Einheit wissentlich und absichtlich angreifen." Am Montagabend war eine Waffenruhe in dem Bürgerkriegsland in Kraft getreten, die die USA und Russland verhandelt hatten.
Angriffe gegen islamistische Gruppen sind von der Feuerpause ausgenommen. Während die Gewalt in Syrien zunächst auch deutlich zurückgegangen war, waren die Kämpfe in den vergangenen Tagen immer häufiger aufgeflammt und es kam zu zahlreichen Brüchen der Waffenruhe. Auch humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen gelangte bislang noch nicht in die umkämpften Gebiete.
Quelle: ntv.de, jug/dpa