Neue Regierungskrise in Spanien Korruptionsurteile lassen Rajoy wackeln
25.05.2018, 13:58 Uhr
Dieses Treffen zwischen Spaniens Ministerpräsidenten Rajoy (l.) und Sozialistenführer Pedro Sánchez liegt schon ein Jahr zurück - bereits damals lagen sie über Kreuz.
(Foto: REUTERS)
Spanien erlebt die nächste Regierungskrise. Diesmal geht es nicht um Katalonien, sondern um einen gewaltigen Korruptionsprozess. Die Urteile bringen die Regierung von Ministerpräsident Rajoy ins Wanken.
Nach den Gerichtsurteilen in der Bestechungsaffäre der regierenden Volkspartei (PP) in Spanien haben die oppositionellen Sozialdemokraten ein Misstrauensvotum gegen die rechtskonservative Regierung von Mariano Rajoy angestrengt. Der Vorstoß wurde im Parlament in Madrid eingebracht, wie ein Sprecher der Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) mitteilte.
Die liberale Oppositionspartei Ciudadanos ("Bürger"), welche die Regierung von Rajoy bisher unterstützte, rief ihrerseits den Ministerpräsidenten auf, Neuwahlen anzusetzen. Falls diese nicht ausgerufen würden, sei man zu einem Misstrauensantrag gegen Ministerpräsident Mariano Rajoy bereit, erklärte die liberale Partei. Die Ciudadanos unterstützten bisher die Regierung.
Rajoys Konservative haben im Parlament eine einfache Mehrheit. Um erfolgreich zu sein, benötigt der Antrag der PSOE die absolute Mehrheit der 176 Abgeordneten für einen von ihr präsentierten Kandidaten für die Regierungsbildung. Wenn sich Ciudadanos, Sozialisten sowie die populistische Bewegung Podemos zusammentun, könnten sie den Regierungschef stürzen. Eine Mehrheit dürfte angesichts der zersplitterten und untereinander zerstrittenen Oppositionsparteien nur schwer zu erreichen sein.
Der nationale Staatsgerichtshof hatte am Donnerstag 29 Angeklagte, darunter ehemalige Führungskader der PP, wegen Korruption, Unterschlagung, Geldwäsche und illegaler Bereicherung zu insgesamt 351 Jahren Gefängnis verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass ranghohe Mitglieder der Volkspartei zwischen 1999 und 2005 Schmiergelder kassierten und Firmen dafür bei der Vergabe von Aufträgen bevorzugten.
Die Sozialisten hatten bei den Neuwahlen vor zwei Jahren auch wegen der Korruptionsermittlungen erbittert Wahlkampf gegen Rajoys PP gemacht, waren aber auf keine eigene Mehrheit gekommen. Sie rangen sich nach einer monatelangen Hängepartie dazu durch, die PP zu tolerieren, damit Spanien wieder eine Regierung bekäme. Da Sánchez strikt dagegen war, zwangen ihn führende Parteikader zum Rücktritt. Später kehrte er aber per Mitgliederentscheid wieder in den Parteivorsitz zurück. In der Katalonien-Krise stützten die Sozialisten Rajoy grundsätzlich in seiner Ablehnung eines Unabhängigkeitsreferendums. Sie übten aber scharfe Kritik an seinem Krisenmanagement.
Quelle: ntv.de, vpe/AFP/rts