Nach dem Brandanschlag in Tröglitz Landrat will Flüchtlinge weiter unterbringen
04.04.2015, 18:20 Uhr
Der Fall Tröglitz hat die Politiker in Sachsen-Anhalt aufgeschreckt. Landrat Ulrich (l.) hält an dem Plan fest, 40 Asylbewerber in der Kleinstadt zu beherbergen.
(Foto: dpa)
Das zukünftige Asylbewerberheim in Tröglitz liegt nach dem Feuer der vergangenen Nacht in Trümmern. Ermittler gehen von Brandstiftung aus. Der Landrat der Kleinstadt in Sachsen-Anhalt hält an der Aufnahme der 40 Asylbewerber fest.
Auch nach dem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Tröglitz in Sachsen-Anhalt will der örtliche Landrat an der Unterbringung von 40 Asylbewerbern in der Kleinstadt festhalten. "Es bleibt dabei, Tröglitz bekommt 40 Asylbewerber", sagte der Landrat Götz Ulrich (CDU) dem "Spiegel". "Wir dürfen jetzt nicht einknicken und zurückziehen." Für ihn sei klar, dass der Brand kein Anlass sein dürfe, von der dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge abzuweichen.
Zur Frage, ob die Unterbringung von Asylbewerbern in der Kleinstadt nach dem Brandanschlag noch zumutbar sei, sagte Ulrich: "Tja, aus Sicht der Flüchtlinge ist das keine einfache Sache. Mein Eindruck ist aber, dass eine Mehrheit die Flüchtlinge wohlwollend sieht."
Einwohner demonstrieren spontan
In Tröglitz kamen spontan rund 300 Menschen zu einer Demonstration zusammen. Zu der Aktion hatte der zurückgetretene ehrenamtliche Bürgermeister des Orts, Markus Nierth, aufgerufen. Redner aus Politik, von Vereinen und Kirchen warben für ein Zeichen gegen Hass und Ausgrenzung.
Zu der kleinen Demonstration in Tröglitz hatte der zurückgetretene Bürgermeister Nierth aufgerufen.
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Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte bei der Kundgebung auf dem Friedensplatz, man werde alles tun, um die Verbrecher hinter Gitter zu bringen. Die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz des Orts seien noch einmal erhöht worden.
In der Nacht war das Dachgeschoss eines zur Unterbringung von Asylbewerbern vorgesehenen Mehrfamilienhauses weitgehend ausgebrannt und das Gebäude schwer beschädigt worden. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei wurde der Brand vorsätzlich gelegt.
Gabriel: Kein Platz für Fremdenhass
SPD-Chef Sigmar Gabriel verurteilte den Brandanschlag. "Es ist die monatelange Stimmungsmache gegen Flüchtlinge, die den Hass säte, der in Tröglitz nun in Flammen gemündet ist", erklärte der Vizekanzler in Berlin. Gabriel unterstrich, Flüchtlinge gehörten zu Deutschland. Die Bundesrepublik sei ein wohlhabendes Land. Wer Schutz vor Verfolgung suche, habe Anspruch auf Hilfe. "Fremdenhass hat keinen Platz in Deutschland, das ist die Meinung der übergroßen Mehrheit in Deutschland", betonte Gabriel.
Tröglitz war schon Anfang März in die Schlagzeilen geraten, als der Bürgermeister Markus Nierth zurücktrat, weil er sich von Rechtsextremen bedroht fühlte. Der ehrenamtliche und parteilose Bürgermeister klagte zudem, er fühle sich von den örtlichen Behörden alleingelassen. Anlass für den Rücktritt waren Pläne von Rechtsextremen, vor dem privaten Wohnhaus von Nierth gegen die geplante Aufnahme von Flüchtlingen im Ort zu protestieren. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen und Empörung gesorgt.
Quelle: ntv.de, nsc/AFP/dpa