Politik

Gesundheitsminister in Israel Lauterbach will mit E-Patientenakten forschen

Karl Lauterbach besuchte das Hadassah Medical Center in Jerusalem.

Karl Lauterbach besuchte das Hadassah Medical Center in Jerusalem.

(Foto: IMAGO/photothek)

Bei Karl Lauterbachs Besuch in Israel wird klar: Der Bundesgesundheitsminister möchte offensichtlich lernen, wie er das deutsche Gesundheitswesen digitaler machen kann. In der Ampel-Koalition hat Lauterbach dafür großen Rückhalt.

Wenn Karl Lauterbach über Israel spricht, gerät er ins Schwärmen. Das Land habe die entscheidenden Daten zur Corona-Impfung geliefert, kein Land habe "auch nur annähernd" so einen großen Einfluss in der Pandemie gehabt wie Israel. Der Gesundheitsminister, der in Deutschland zuletzt dafür kritisiert wurde, sein Amt zu chaotisch zu führen, wirkt bei seinem Besuch in Israel in seinem Element. Er wird dabei auch ein Stück weit Digital- oder Forschungsminister: "Digitalisierung wird ein Schwerpunkt meiner Arbeit in den kommenden drei Jahren", kündigt er an.

Konkret will Lauterbach Knowhow aus Israel mitnehmen. Die elektronische Patientenakte etwa soll in Deutschland endlich effizient werden: "Israel gelingt es wie keinem anderen Land der Welt, mit den Daten, die in der Medizin im Routinebetrieb gewonnen werden, Studien zu machen. Das verbessert die Versorgung", erklärt der Minister im Gespräch mit ntv. Damit erhalte man wichtige Informationen zur Wirksamkeit von Medikamenten in der Praxis: "Das ist faszinierend, und das wollen wir in Deutschland auch einführen, mit der elektronischen Patientenakte." Die Patientenakte solle "sehr transparent" ausgestaltet werden.

Gefragt danach, ob er glaube, dass die Deutschen diesen Weg bei digitalen, teils sensiblen Gesundheitsdaten befürworteten, sagt Lauterbach: "Ja, das glaube ich schon. Wenn sie den unmittelbaren Nutzen spüren, dann sind die Leute auch bereit, diese Daten für die Forschung zur Verfügung zu stellen. Das ist der Weg, den wir hier gehen wollen."

"Angst vor der deutschen Bürokratie"

Mit seinem israelischen Amtskollegen Nitzan Horowitz unterschrieb Lauterbach bereits am Sonntag eine Absichtserklärung. Die beiden Länder wollen in Zukunft im Gesundheitswesen noch enger zusammenarbeiten. Dazu gehört auch die Pandemiebekämpfung. Neben einer Kranzniederlegung an der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchte Lauterbach auch das Hadassah Medical Center in Jerusalem, ein führendes Krankenhaus in Israel.

Bei der WHO-Regionalkonferenz warnte Lauterbach vor künftigen Pandemien.

Bei der WHO-Regionalkonferenz warnte Lauterbach vor künftigen Pandemien.

(Foto: IMAGO/photothek)

Mittlerweile ist auch im Ausland angekommen, dass Deutschland, was Digitalisierung und Bürokratie betrifft, ein ziemlich verstaubtes Land ist. Beim Rundgang durch das Krankenhaus trifft ein Teil der deutschen Delegation, Lauterbach ist in diesem Moment an anderer Stelle, im Gang auf eine deutsche Krankenschwester, die etwas schüchtern reagiert. Der Chefarzt, der daneben steht, sagt halb im Spaß in Richtung Gruppe: "Sie hat wohl Angst vor der deutschen Bürokratie."

Bürokratie: Das könnte für Lauterbach die größte Hürde bei seinen Vorhaben in den nächsten Jahren werden. Mehrfach jedoch betont der Minister auf der Reise, dass er gerade beim Thema Digitalisierung den größten Rückhalt in der Ampel habe; auch seitens FDP und Grünen.

Lauterbach warnt vor weiteren Pandemien

Auf der WHO-Regionalkonferenz am Montag trifft Lauterbach dann auf viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitswesen. Der Minister warnt in seiner Rede: "Nur wenn wir wesentliche Änderungen zulassen, können wir zukünftige Pandemien abmildern oder verhindern."

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In einem Interview für das "RTL Nachtjournal" äußert sich Lauterbach auch zur Corona-Situation in Deutschland und verteidigt die strengen Regeln im neuen Infektionsschutzgesetz: "Im Moment werden die Regeln angegriffen, weil sie als zu streng wahrgenommen werden. Das sind aber genau die Regeln, die wir benötigen, um das rechtzeitig in den Griff zu bekommen." Lauterbach fügt hinzu: "Ich glaube, dass andere europäische Länder, wenn die Fälle ansteigen sollten, auch noch strengere Regeln beschließen werden."

Am Dienstagabend wird Lauterbach zurück nach Deutschland fliegen. Dort, sagt er, könne der Herbst schwierig werden, wenn hohe Energiepreise und "massive Belastungen" wegen Corona zusammenkämen. Trotzdem zeigt der Minister sich optimistisch: "Ich glaube, dass wir an dieser Herausforderung wachsen werden und dass wir zum Schluss sagen: Das waren schwere Zeiten, aber wir haben es geschafft."

Quelle: ntv.de

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