Familienkrach eskaliert Le Pen macht Tochter "Kriegserklärung"
05.05.2015, 12:20 Uhr
Es ist ein offener Affront: Bei der traditionellen Front-National-Veranstaltung zum 1. Mai in Paris drängelt sich Jean-Marie Le Pen just in dem Augenblick auf die Bühne, in dem seine Tochter eine Rede beginnen will.
(Foto: imago/PanoramiC)
Nach seinem Rauswurf geht der Gründer von Front National, Jean-Marie Le Pen, in die Offensive: Seine Tochter als Präsidentin wäre "skandalös". Auf Nachfrage, ob er sich tatsächlich keinen Sieg für sie wünsche, hat er nur drei Worte.
Nach dem Bruch zwischen Frankreichs rechtsextremer Partei Front National (FN) und ihrem Gründer Jean-Marie Le Pen entzieht der 86-Jährige seiner Tochter und Parteichefin Marine Le Pen die Unterstützung.
Einen möglichen Sieg der 46-Jährigen bei der Präsidentschaftswahl 2017 will der langjährige Vorsitzende "im Moment" nicht. "Wenn solche moralische Prinzipien den französischen Staat regieren sollten, wäre das skandalös", sagte Le Pen dem Sender Europe 1. Auf Nachfrage, ob er sich tatsächlich keinen Sieg seiner Tochter bei der Wahl 2017 wünsche, sagte er: "Im Moment nicht." Die Zeitung "Le Monde" spricht von einer "Kriegserklärung".
Die FN-Spitze hatte auf Betreiben von Marine Le Pen nach wiederholten antisemitischen Äußerungen des Parteigründers dessen Mitgliedschaft ausgesetzt. Ein Parteitag soll sich innerhalb von drei Monaten endgültig entscheiden, ob ihm der Titel des Ehrenpräsidenten entzogen wird.
Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Familienfehde im rechtsextremen Lager, die Frankreich seit Wochen in Atem hält - und die ihren Anfang in der jüngsten judenfeindlichen Provokation des Parteigründers nahm. Als "Detail" der Geschichte bezeichnete er die Gaskammern der NS-Vernichtungslager. In den vergangenen Jahrzehnten hatte er das immer wieder gesagt, immer wieder wurde er dafür verurteilt.
Der Gegner aus den eigenen Reihen
Le Pen läuft damit den Bestrebungen von Marine Le Pen entgegen, die Partei aus der rechtsextremen Ecke herauszuführen. Einen "Treuebruch" warf der 86-jährige Parteigründer seiner Tochter vor, kaum hatte das FN-Exekutivbüro die Disziplinarstrafe gegen ihn verkündet. Sie solle nicht mehr den Namen Le Pen tragen, denn das sei für ihn "entehrend". Indem sie ihn nun aus dem FN habe rauswerfen lassen, sei seine Tochter "ein bisschen schlimmer" als die grossen Parteien, die Sozialisten und die konservative UMP. Der politische Gegner "greift von vorn an, hier greift er vom Rücken an", sagte er.
Le Pen kündigte schon am Montagabend an, einen Einspruch gegen die Entscheidung der Parteiführung zu prüfen, seine Mitgliedschaft auszusetzen. Er hatte den Front National 1972 mitgegründet und rund vier Jahrzehnte angeführt. Anfang 2011 trat er den Parteivorsitz an seine Tochter Marine ab. Diese verfolgt die Strategie, die Partei zu "entdämonisieren" – offenbar mit Erfolg: Bei den Europawahlen vor einem Jahr wurden die Rechtsextremen mit rund 25 Prozent der Stimmen erstmals in ihrer Geschichte stärkste Kraft in Frankreich.
Quelle: ntv.de, dsi/dpa/AFP