Zwei Bundeswehrsoldaten tot Ließ technischer Defekt "Tiger" abstürzen?
27.07.2017, 00:45 Uhr
In Mali sind zahlreiche ausländische Soldaten stationiert. Auch die Bundeswehr ist vor Ort, etwa mit Kampfhubschraubern. Einer dieser "Tiger" ist nun abgestürzt, zwei deutsche Soldaten sind dabei gestorben. Ein technisches Problem könnte verantwortlich sein.
Nach dem Tod von zwei Bundeswehrsoldaten beim Absturz eines Tiger-Kampfhubschraubers in Mali steht die Frage nach der Ursache im Mittelpunkt. Einem Medienbericht zufolge könnte ein technischer Defekt zum Absturz vom Typ "Tiger" geführt haben. Der Stellvertreter des Generalinspekteurs, Vizeadmiral Joachim Rühle, sagte, ein Expertenteam der Bundeswehr sei in Gao, um unter anderem den Flugschreiber auszuwerten.
Der Hubschrauber war am Mittwochnachmittag 70 km nördlich von Gao abgestürzt und ausgebrannt. Es bestehe "die traurige Gewissheit", dass die beiden Besatzungsmitglieder gestorben seien, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.
Nach Informationen des "Spiegel" gibt es erste Hinweise auf ein technisches Versagen. Ein Pilot eines zweiten "Tiger"-Hubschraubers, der hinter dem verunglückten Helikopter geflogen sei, habe bereits zum Absturz ausgesagt, hieß es. Der "Tiger" sei plötzlich und ohne einen Notruf mit der Nase nach vorne abgekippt und dann sofort im Sturzflug zu Boden gegangen. Dem Bericht zufolge schließt die Bundeswehr einen Zusammenhang mit großer Hitze, für die der "Tiger" nicht ausgerichtet ist, aus. Mit 36 Grad sei es für malische Verhältnisse relativ kühl gewesen.
Hubschrauber bleiben erstmal am Boden
Die Besatzung habe keinen Notruf abgegeben, sagte Vize-Generalinspekteur Joachim Rühle. "Die Absturzursache ist derzeit noch völlig offen. Hinweise auf eine Fremdeinwirkung liegen bisher nicht vor", so Rühle. Der Routine-Flugbetrieb der Tiger werde bis auf Weiteres ausgesetzt. Es würden vorerst nur solche Flüge absolviert, wenn "Leib und Leben einen Einsatz unbedingt erfordern", erklärte er. Aus UN-Kreisen in Gao hieß es, es gebe keinen Hinweis, dass auf den Hubschrauber geschossen worden sei. Vermutlich handele es sich um einen Unfall.
Es sind die ersten Todesfälle von Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz seit 2015. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen reagierte bestürzt. "Der Tod dieser Männer im Dienste unseres Landes trifft uns alle tief und er macht und unendlich traurig", sagte sie. "Ihr Auftrag war ein Beitrag zu unserer Sicherheit." Sie sprach den Hinterbliebenen und Kameraden auch im Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr "tiefes Mitgefühl" aus.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich tief betroffen. "Meine besondere Anteilnahme und mein Mitgefühl gelten den Familien der Verstorbenen und allen, die ihnen nahe standen", erklärte Steinmeier. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel äußerte sich im Kurzbotschaftendienst Twitter "tief bestürzt".
UN-Generalsekretär António Guterres übermittelte dem neuen deutschen UN-Botschafter Christoph Heusgen in New York sein Beileid. Zugleich dankte er Deutschland für das Engagement in den UN-Friedensmissionen.
Probleme beim Tiger sind nicht neu
Mit dem Tiger gab es immer wieder Probleme. Zuletzt fehlten Piloten, um das Gerät zu fliegen. Der "Expertiseverlust" werde zunehmend zu einem "flugsicherheitsrelevanten Thema", hieß es im Juni in einem internen Bericht des Kommandos Heer, aus dem der "Spiegel" zitiert hatte. Eine Handvoll Piloten werde für alle Übungs- und Schießvorhaben sowie Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen herangezogen. Sie würden der hohen zeitlichen Belastung nicht mehr standhalten, hieß es weiter.
Bedenken gab es auch wegen der Einsatzbereitschaft der Hubschrauber in der westafrikanischen Hitze. Der Inspekteur des Heeres hatte eine Ausnahmegenehmigung für den Flug unter hohen Temperaturen erteilt, bevor sie am 1. Mai einsatzbereit gemeldet wurden. Zunächst galt eine maximale Temperaturobergrenze von 43,26 Grad Celsius für den Start der Hubschrauber. Dieser Maximalwert, der sich je nach Luftdruck und Flughöhe berechnet, wurde für den Einsatz in Mali um fünf Grad angehoben.
Ein technisches Versagen könnte auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen unter Druck setzen. Die CDU-Politikerin hatte in ihrer Amtszeit immer wieder die Bedeutung guter Ausrüstung der Soldaten im Einsatz betont.
Bis zu tausend deutsche Soldaten
Die Bundeswehr unterstützt in Gao die UN-Mission Minusma, die als einer der gefährlichsten UN-Einsätze weltweit gilt. Ziel ist die Stabilisierung des krisengeschüttelten Landes. Außerdem unterstützt die Bundeswehr eine EU-Ausbildungsmission in Mali.
In dem westafrikanischen Staat sind zahlreiche ausländische Soldaten stationiert. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hatte im Januar 2013 militärisch eingegriffen, um das Vorrücken von Islamisten und Tuareg-Rebellen vom Norden in den Süden Malis zu stoppen und die geschwächten Regierungstruppen zu unterstützen.
Erst im Januar hatte der Bundestag der Ausweitung des Einsatzmandats für die UN-Mission in Mali auf bis zu tausend deutsche Soldaten zugestimmt. Die Bundeswehr hat vier "Tiger"-Kampfhubschrauber und vier Transporthubschrauber vom Typ NH-90 im Rahmen dieser Mission nach Mali verlegt.
Quelle: ntv.de, bad/hul/AFP/dpa