Gemeinschaftswährung in der Krise Linke streitet über die Zukunft des Euro
21.08.2015, 16:11 Uhr
Sahra Wagenknecht: Der Euro erzeugt immer größere wirtschaftliche Ungleichgewichte. Wir müssen gegensteuern.
(Foto: imago/Metodi Popow)
Funktioniert der Euro tatsächlich nicht mehr und erzeugt er immer mehr Ungleichgewichte in Europa? Teile der Linken sehen das so. Andere warnen vor einer Ausstiegsdebatte und wollen stattdessen einen stärkeren wirtschaftlichen und sozialen Ausgleich.
Angesichts der Griechenlandkrise diskutiert die Linkspartei über eine Abkehr vom Euro. Die Gemeinschaftswährung funktioniere nicht, sagte die designierte Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht der "Welt". Deshalb werde in der Partei auch darüber debattiert, "ob wir dieses Währungssystem nicht generell infrage stellen müssen". Auch in der eigenen Partei stieß Wagenknecht mit ihrem Vorstoß allerdings auf Widerstand.

Das Ehepaar Lafontaine/Wagenknecht während einer Veranstaltung vor dem Bundestag.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Es zeigt sich einfach, dass der Euro nicht funktioniert, sondern immer größere wirtschaftliche Ungleichgewichte erzeugt", sagte Wagenknecht. Am dramatischsten zeige sich das eben in Griechenland. "Darum beginnt in der Linken zu Recht eine Debatte darüber, welchen Spielraum eine Politik jenseits des neoliberalen Mainstreams im Rahmen des Euro überhaupt hat oder ob wir dieses Währungssystem nicht generell infrage stellen müssen."
Wagenknecht verwies auf ein von den Chefs von fünf EU-Institutionen - EU-Kommission, Europäischer Rat, EU-Parlament, EZB und Euro-Gruppe - vorgelegtes Papier zur "Rettung der Euro-Zone". An diesem Papier sei deutlich zu erkennen, "wohin die Reise mit dem Euro gehen soll". "Alles deutet darauf hin, dass es immer mehr Integrationsschritte gibt, die jede nationale Souveränität erledigen" und für demokratische Entscheidungen keinen Raum mehr ließen, kritisierte sie. Auch Wahlentscheidungen würden dann irrelevant, wie man in Griechenland gesehen habe.
Kein Zurück zu den alten Nationalstaaten
Der amtierende Linken-Fraktionschef Gregor Gysi sprach sich indirekt gegen den Vorstoß Wagenknechts aus. "Ein Zurück zu den alten Nationalstaaten in Europa" dürfe es "mit der Linken nicht geben", sagte Gysi der "Saarbrücker Zeitung".
Parteichef Bernd Riexinger sagte der "Frankfurter Rundschau": "Wir haben eine gemeinsame Einschätzung, dass der Euro die schwachen Länder schwächer und die starken Länder stärker macht." Wenn nicht gegengesteuert wird in Form eines stärkeren wirtschaftlichen und sozialen Ausgleichs, höhle das den Euro aus." Statt eines "Raus aus dem Euro" werde aber eine andere Politik in Europa gebraucht, die Exportüberschüsse abbaue. Ohne höhere Löhne und mehr Investitionen würde es jedoch "überall Diskussionen über den Euro geben".
Demgegenüber machte sich der frühere Linkenchef Oskar Lafontaine für eine schrittweise Abkehr vom Euro als Einheitswährung stark. "Ich plädiere für die Rückkehr zu einem Europäischen Währungssystem (EWS)", schrieb Wagenknechts Ehemann in einem Beitrag für die "Junge Welt". Das Europäische Währungssystem habe im Gegensatz zum Euro "durch regelmäßige Auf- und Abwertungen das zu starke Auseinanderdriften der europäischen Volkswirtschaften verhindert".
Es sei "abwegig, sich vom Euro zu verabschieden", sagte Grünen-Parteichefin Simone Peter der "Saarbrücker Zeitung" mit Blick auf Wagenknecht. Für sie bewege sich damit "die Linkspartei weiter weg von einer europäischen Partei".
Die Linke sieht die Euro-Rettungspolitik für Griechenland kritisch und hat bei den Bundestagsabstimmungen dazu meistens mit Nein gestimmt. Die derzeitige Fraktions-Vizechefin Wagenknecht soll im Oktober neben ihrem Amtskollegen Dietmar Bartsch zur Ko-Vorsitzenden der Fraktion gewählt werden. Die neue Doppelspitze soll den bisher alleinigen Vorsitzenden Gysi ablösen.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa