Volksabstimmung als Test für Europa Lösen die Niederländer eine EU-Krise aus?
06.04.2016, 19:13 Uhr
Bei einem Flashmob in Kiew anlässlich des Ukraine-Referendums in den Niederlanden.
(Foto: imago/ZUMA Press)
Die Niederländen stimmen über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine ab. Zwar ist das Ergebnis rechtlich nicht bindend für die Regierung. Aber mit einer Ablehnung könnten die Niederländer die EU in eine weitere Krise stürzen.
Die Niederländer haben über das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine abgestimmt. In dem nicht bindenden Referendum waren die Bürger aufgerufen, über den Vertrag zu befinden, der die Ukraine näher an Europa heranführen soll. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte vor einer "europäischen Krise", sollten die Niederländer mehrheitlich dem Aufruf der europaskeptischen Initiatoren folgen und mit Nein stimmen.
Offiziell geht es in dem Referendum um die Billigung oder Ablehnung des 2014 unterzeichneten Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Kiew. Die europaskeptischen Initiatoren der Befragung räumten aber ein, dass das Verhältnis zur Ukraine für sie nicht im Mittelpunkt stehe: Sie werben für ein "Nein" der Wähler, um der EU generell einen Denkzettel zu verpassen.
Umfrage sieht Nein-Sager vorn
"Es ist gut, dass es ein Referendum gibt, in dem wir unsere Meinung über Brüssel sagen können", sagte ein 49-jähriger Wähler. Ein 65-Jähriger sagte, das Abkommen sei "nicht gut für die Niederlande". "Ich denke, dass die Ukraine nicht der Europäischen Union beitreten sollte", fügte er hinzu. Es gebe bereits "zu viele" EU-Mitglieder.
Letzte Umfragen sahen einen leichten Vorsprung des "Nein"-Lagers: Laut einer Befragung des Instituts Ipsos wollten 37 Prozent mit Nein stimmen und 33 Prozent mit Ja. Die übrigen 30 Prozent waren noch unentschlossen. Das Ergebnis ist gültig, wenn sich mehr als 30 Prozent der 12,5 Millionen Wahlberechtigten beteiligten. Die Wahllokale sollen um 21.00 Uhr schließen.
Rute lässt Reaktion noch offen
Das Ergebnis ist für die Regierung von Ministerpräsident Mark Rutte nicht bindend. Sie ließ bislang offen, wie sie auf einen Sieg der Abkommensgegner reagieren würde. Die Niederlande, die derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehaben, haben das Abkommen mit der Ukraine als einziges der 28 EU-Mitgliedstaaten noch nicht ratifiziert. Das Parlament hat bereits seine Zustimmung gegeben.
Der politische Teil des Assoziierungsabkommen wird seit Ende 2014 bereits vorläufig angewandt. Seit dem 1. Januar dieses Jahres wird auch das darin enthaltene Freihandelsabkommen angewandt. Russland hatte das Assoziierungsabkommen scharf kritisiert.
Poroschenkos Name beeinflusst
Das Nein-Lager in den Niederlanden hatte in seiner Kampagne auf Korruption in der Ukraine verwiesen sowie auf den bewaffneten Konflikt im Osten des Landes. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte im Vorfeld für die Zustimmung der Niederländer geworben und dazu sogar Minister in die Niederlande geschickt. Die Ukraine dürfe nicht zum Opfer einer "internen niederländischen Debatte über die Zukunft der Europäischen Union werden". Aber das Auftauchen von Poroschenkos Namen in den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Steueroasen könnte Unentschlossene zuletzt abgeschreckt haben.
EU-Kommissionspräsident Juncker hatte für ein Ja geworben. Ein Votum gegen das Abkommen mit der Ukraine "könnte die Tür zu einer Krise auf dem Kontinent aufstoßen", sagte er.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa