Moskaus These bekommt Risse MH17 wohl nicht von Kampfjet abgeschossen
10.03.2015, 21:49 Uhr
Die Trümmerteile der abgeschossenen Maschine werden in den Niederlanden untersucht.
(Foto: dpa)
Flug MH17 über der Ostukraine ist offenbar nicht von einem ukrainischen Kampfjet Su-25 abgeschossen worden. Der Tiefflieger sei dazu gar nicht in der Lage, meint einer, der sich bestens auskennt. Aber genau diese These vertritt bislang der Kreml.
Noch immer ist unklar, wer für den Abschuss von Flug MH17 über der Ostukraine verantwortlich ist. Bei dem Absturz der Boeing am 17. Juli 2014 waren 298 Menschen ums Leben gekommen. Der Westen geht davon aus, dass eine Rakete aus dem Gebiet der prorussischen Separatisten die Maschine vom Himmel geholt hat. Moskau spricht offiziell indes von einem ukrainischen Kampfflugzeug, das die Boeing abgeschossen haben soll. Jetzt widerspricht der russische Chef-Entwickler Wladimir Babak dieser russischen These.
Das Verteidigungsministerium in Moskau hatte bereits kurz nach dem MH17-Unglück erklärt, dass eine ukrainische Su-25 in der Nähe der malaysischen Boeing gesehen worden sei. Die Su-25 ist ein weit verbreiteter Flugzeugtyp aus sowjetischer Herstellung. Jetzt äußerte sich der russische Chef-Konstrukteur dieses Flugzeugtyps im Interview mit WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung". "Wir haben mit unseren Kollegen alle Varianten durchgespielt und können nicht verstehen, wie eine Su-25 die Boeing hätte abschießen können", wird Babak zitiert. Der Grund: Der Kampfjet könne zwar ganz kurz auf mehr als 10.000 Meter Höhe steigen, dort aber nicht schießen, ohne abzustürzen. Die Su-25 sei ein Tiefflieger.
Auch keine Luft-Luft-Rakete
Der Konstrukteur geht in dem Interview noch weiter: Er hält es auch für unmöglich, dass Kampfflugzeuge anderen Typs die Maschine abgeschossen haben könnten. Luft-Luft-Raketen hätten andere Wirkungen gehabt und eine so starke Maschine wie die Boeing nur beschädigt, aber nicht in der Luft auseinanderbrechen lassen. Genau das geschah aber mit MH17. Das Fazit des Ingenieurs: "Die Boeing wurde mit einer Buk-Rakete abgeschossen. Ich kann mir nichts anderes vorstellen." Eine Buk ist eine Boden-Luft-Rakete, abgefeuert von einem entsprechend hergerichteten Fahrzeug.
Das bedeute allerdings nicht zwangsläufig, dass die Separatisten für den Abschuss verantwortlich sind. Die Ukraine verfügt ebenso über Buks wie die Separatisten, zumindest zum Zeitpunkt des Abschusses von MH17. Das internationale Bloggerteam Bellingcat hatte entsprechende Fotos und Videos präsentiert. Auf einem der Fotos, dass Minuten nach dem Abschuss aufgenommen wurde, ist eine für Buk-Abschüsse typische Rauchsäule im Separatistengebiet zu sehen.
Augenzeugen berichten
Laut WDR, NDR und SZ sollen in der ostukrainischen Stadt Snizhne, dort wo die Rauchsäule hinführt, Anwohner berichtet haben, dass sie Geräusche gehört hätten, wie sie für einen BUK-Abschuss typisch sind. Aus Angst wollten sie nicht erkannt werden. Ein Anwohner habe berichtet: "Es gab einen Knall, man hat wohl aus Richtung Stepanowka geschossen. Man hörte einen Knall, dann ein Gezische, dann noch einen Knall im Himmel und dann gab es eine Explosion."
Ein anderes Bild, das von einem Satelliten aufgenommen wurde, belege, dass ein verdächtiges Feld zwischen dem 16. und 20. Juli 2014 verbrannt oder umgepflügt worden sei. Heute befinde sich dort ein militärischer Checkpoint. Es sei kein Zutritt möglich.
Die internationale Untersuchungskommission hat ihren Abschlussbericht für Sommer 2015 angekündigt. In einem ersten Bericht vor einigen Monaten waren Schuldzuweisungen vermieden worden.
Quelle: ntv.de, ppo