Politik

Unruhen im ganzen Land halten an Mehr als 20 Todesopfer bei Protesten im Iran

Das Foto soll ein brennendes Gebäude in der Stadt Dorud zeigen - dort starben mehrere Demonstranten.

Das Foto soll ein brennendes Gebäude in der Stadt Dorud zeigen - dort starben mehrere Demonstranten.

(Foto: REUTERS)

Die Zahl der Opfer bei den Unruhen im Iran steigt weiter. Das Staatsfernsehen meldet mindestens neun Tote allein in der vergangenen Nacht. In unbestätigten Berichten ist von Angriffen auf Polizeistationen die Rede - und von Schüssen auf Demonstranten.

Bei Protesten im Iran sind nach staatlichen Medienberichten in der Nacht neun Menschen getötet worden. In der Region um Isfahan im Zentrum des Landes seien sechs Demonstranten, ein Revolutionswächter, ein Passant sowie ein Polizist getötet worden, berichtete das Staatsfernsehen. Insgesamt starben bei den Unruhen damit mehr als 20 Menschen.

Die sechs Demonstranten seien bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften getötet worden, als sie versucht hätten, eine Polizeiwache zu stürmen. Überdies seien in der Nacht rund hundert Menschen in der Region festgenommen worden. Erstmals kam damit bei den Unruhen auch ein Revolutionswächter ums Leben. Die Organisation ist Teil der iranischen Revolutionsgarden, einer paramilitärischen Organisation zum Schutz des politischen Systems.

Am Neujahrstag hatte das Staatsfernsehen noch insgesamt 12 Tote gemeldet. Bei 10 von ihnen handelte es sich demnach um Demonstranten in Zentral-, West und Südwestiran. Zudem starben zwei Menschen bei einem Unfall am Rande der Proteste.

Laut Berichten in Medien und sozialen Netzwerken attackierten Demonstranten in der Nacht auch Polizeistationen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Tasnim wurde in der Nähe von Nadschafabad eine Polizeiwache von Demonstranten in Brand gesetzt. Dem Staatsfernsehen zufolge wurden in mehreren Städten staatliche Einrichtungen von Bewaffneten attackiert. Daneben gab es aber auch Berichte, dass die Polizei in Dutzenden Städten auf die Demonstranten schieße. Diese Berichte lassen sich unabhängig nicht überprüfen.

Lage nicht völlig unter Kontrolle

Präsident Hassan Ruhani räumte ein, dass die Regierung die Lage nicht mehr völlig kontrolliere. Bei einer Krisensitzung am Montag im Parlament erklärte Ruhani, es wäre ein Fehler, die Proteste nur als ausländische Verschwörung einzustufen. "Auch sind die Probleme der Menschen nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern sie fordern auch mehr Freiheiten." Er kritisierte damit indirekt die Hardliner im Klerus, die seine Reformen blockieren.

Die Proteste hatten am Donnerstag begonnen. Sie richteten sich zunächst gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung, die hohe Arbeitslosigkeit und steigende Preise. Allerdings wurde schnell auch Kritik an der Außenpolitik der Regierung und dem gesamten System laut. Am Samstag griffen die Proteste auch auf die Hauptstadt Teheran über. Nach Augenzeugenberichten griff die Polizei in Teheran mit Wasserwerfern und Tränengas ein. Es gab zudem zahlreiche Festnahmen. Nach Berichten in sozialen Netzwerken reichte die Zahl landesweit von 100 bis 800.

Die USA und Israel unterstützten die Proteste und äußerten ihre Hoffnung auf einen politischen Umsturz in Teheran. US-Präsident Donald Trump twitterte, die Menschen im Iran würden nicht länger hinnehmen, "wie ihr Geld und ihr Wohlstand zugunsten von Terrorismus gestohlen und vergeudet wird". Ruhani nannte im Gegenzug Trump am Sonntagabend einen Heuchler. Der US-Präsident konterte am Neujahrstag wiederum per Twitter, das "große iranische Volk" sei über Jahre unterdrückt worden. Seinen Tweet beendete er in Großbuchstaben mit: "ZEIT FÜR EINEN WECHSEL!" Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu äußerte ebenfalls die Hoffnung auf einen Regierungswechsel in Teheran.

Die EU, Großbritannien und Deutschland appellierten an die Regierung in Teheran, eine öffentliche Debatte zuzulassen. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel äußerte sich besorgt über die Entwicklung. "Wir appellieren an die iranische Regierung, die Rechte der Demonstranten zu respektieren, sich zu versammeln und frei und friedlich ihre Stimme zu erheben", sagte er.

Quelle: ntv.de, mli/dpa

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