Kinderfragen im #fedidwgugl-Haus Merkel wird zum Erklärbär
17.09.2017, 19:08 Uhr
Merkel stellte sich den Fragen der Kinder.
(Foto: REUTERS)
Was ist eigentlich die Lieblingsfarbe der Kanzlerin? Und wie versteht sie sich mit dem Wladimir Putin so? Im Wahlkampfhaus der CDU in Berlin stellt sich die Kanzlerin den Fragen von denen, die noch nicht wählen dürfen.
Wenn die Wahl vorbei ist, dann hat sie Zeit, ihre Kartoffeln zu ernten. Das ist nämlich ihr liebstes Hobby, verrät Bundeskanzlerin Merkel auf einer Kinderpressekonferenz in Berlin. "Die müssten jetzt gut sein." Zum Schwimmen im See, das mag die mächtigste Frau der Welt offenbar auch ganz gern, ist es dann vermutlich schon zu spät. Aber wer weiß. Viel Privates und auch erstaunlich viel auf Kindersprache heruntergebrochene Politik entlocken die rund 100 Kinder der Kanzlerin auf dem Familientag der CDU.
Berlin-Mitte erwacht: Es ist Sonntagmorgen 11 Uhr. Läden verkaufen überteuerten Kaffee, Feiervolk holt Biernachschub. An einer Häuserfassade schläft ein Obdachloser zwischen seinen Habseligkeiten und wird von einer Politesse kritisch beäugt. Zwei Häuserecken weiter im #fedidwgugl-Haus, dem "begehbaren Wahlprogramm" der CDU, ist die Welt in bester Ordnung. Auf riesigen Bildschwirmwänden erscheinen die vermeintlichen Errungenschaften der Ära Merkel: Renten rauf, Arbeitslosigkeit runter, Exporte rauf. Irgendwo leuchtet auch Schäubles Schwarze Null - allerdings in Rot. Das #fedidwgugl-Haus ist wie eine Ausstellung von Argumenten dafür, Merkel in eine vierte Amtszeit zu schicken.
Lieblingstiere: Igel, Elefant, Feldhase
"Gehen Sie auch alleine einkaufen?", möchte etwa der achtjährige Benjamin wissen, nachdem er das Mikrofon von einem anderen Kind weiterreicht bekommt, dem es vor Aufregung offenbar die Sprache verschlagen hat. "Na klar, ich muss ja auch was essen", antwortet Merkel und ergänzt: "Ganz allein bin ich dabei aber nicht. Da kommen immer zwei Sicherheitsleute mit." Zwei Sicherheitsleute im Publikum lächeln sich an. Einige Fragen erinnern an die Freundschaftsbücher aus Schulzeiten: Welches Handy? Blackberry ("etwas alt, aber sicher"); Lieblingstier? Igel, Elefant, Feldhase; welches Auto? Schwarzer Audi ("Die Farbe ist schon sehr auffällig, es könnte ja auch mal eine andere sein"); Lieblingsfarbe: Kornblumenblau.
Doch neben privaten Interessen von Merkel gibt es auch viel Interesse an der Politik der Bundeskanzlerin. Warum der Ausstieg aus der Kohlekraft so lange dauere, möchte etwa der 14-jährige Richard wissen. "Die Steinkohle läuft aus. Wir können das aber nicht sofort machen, wir brauchen erstmal Ersatz", entgegnet die Kanzlerin. Emil möchte wissen, was die Kanzlerin gegen den Klimawandel tun will. Die alten Häuser müssten saniert werden, ganz viele Ladestationen für Elektroautos brauche das Land - am besten in jedem Laternenmast - und die Kühe müssten so ernährt werden, dass sie - nun ja - weniger Gase ausstoßen. Die Industriebetriebe habe man schon bis an die Grenzen des "physisch Machbaren" reglementiert.
Was sie ändern würde, wenn sie noch einmal gewählt würde? "Das Internet in Deutschland muss dringend ausgebaut werden", sagt Merkel. Das Thema müsse Chefsache werden, Deutschland hinke zu weit hinter anderen Staaten hinterher. "Und wir brauchen eine Nachmittagsbetreuung für Grundschulkinder und zwar überall. Damit man nicht aus der Kita in die Grundschule kommt und dann nachmittags wieder vor der Tür steht." Ob es eine Obergrenze für Flüchtlinge geben wird, will Niko wissen. "Ich glaube nicht, dass so eine starre Grenze gut ist", antwortet Merkel. Den Schleppern müsse das Handwerk gelegt und Fluchtursachen bekämpft werden.
"Wir lachen auch manchmal"
Merkel sieht müde aus, hat sich aber viel Zeit genommen. Der Wahlkampf geht in den Endspurt. Dennoch beantwortet sie geduldig die Fragen der Kinder. Fast wirkt die 63-Jährige mit ihrer Ruhe wie der Erklärbär der Unionspartei. Erwachsene oder Journalisten bekommen das Wort nicht. Handverlesenes Publikum? Nein, zu der Veranstaltung konnten auch spontan Gäste dazukommen. Warum auch nicht? In Berlin-Mitte muss Merkel keine fliegenden Tomaten fürchten oder "Hau ab"-Rufe. Auch von Abschiebung bedrohte Minderjährige, die fragen könnten, warum sie nicht bleiben dürfen, sind heute offenbar nicht zu Gast.
Freilich fragen die Kinder auch, wie sich Merkel mit den anderen Mächtigen der Welt verstehe, mit US-Präsident Donald Trump zum Beispiel. "Nun ja, ich arbeite mit ihm zusammen", antwortet die Kanzlerin. Man müsse Respekt haben vor der demokratischen Entscheidung eines Landes. Und vor allem in Bezug auf den Klimawandel gebe es da unterschiedliche Meinungen. Und Putin? Merkel, die auch eine kleine Kostprobe von ihrem Russisch gibt, betont das gute Gesprächsverhältnis nach Moskau. "Wir lachen auch manchmal." Aber zum Teil gebe es eben sehr unterschiedliche Meinungen. "Manchmal finden wir aber auch Kompromisse."
Nach rund einer Stunde - Journalisten würden sich manchmal so viel Zeit für ihre Fragen wünschen - ist die Kinderpressekonferenz beendet. Und Merkel, die wenn sie es sich aussuchen könnte, gerne einmal Astronautin wäre, um die Welt aus dem All zu sehen, muss weiter. Vor dem #fedidwgugl-Haus wartet noch ein Spalier aus Schaulustigen - und der gepanzerte schwarze Audi, der ihr in Kornblumenblau viel besser gefallen würde.
Quelle: ntv.de