Politik

Nach Druck aus Italien Merkel zieht Entwurf für Asylgipfel zurück

In welche Richtung steuert die EU in der Asylpolitik? Angela Merkel und Guiseppe Conte müssen sich noch auf einen Weg einigen.

In welche Richtung steuert die EU in der Asylpolitik? Angela Merkel und Guiseppe Conte müssen sich noch auf einen Weg einigen.

(Foto: REUTERS)

Am Sonntag lädt EU-Kommissionspräsident Juncker zum Asyl-Gipfel. Innerhalb der Europäischen Union sind noch viele Fragen strittig. Der vorgefertigte Entwurf für eine Abschlusserklärung birgt daher Zündstoff. Auf Hinwirken Italiens ist dieser nun vom Tisch.

Italien fühlt sich bei den Vorbereitungen zum Mini-Gipfel zur Migration von den EU-Partnern übergangen und erwartet ein Treffen ohne schriftliche Abschlusserklärung. Regierungschef Giuseppe Conte habe einen Anruf von Bundeskanzlerin Angela Merkel erhalten, die ihm von ihrer offenbar begründeten Sorge berichtet habe, er könne an dem Treffen nicht teilnehmen, schrieb Conte auf Facebook. "Ich habe ihr bestätigt, dass es für mich inakzeptabel gewesen wäre, an diesem Gipfel teilzunehmen, wenn es schon einen vorgefertigten Text dafür gibt." Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte das Telefonat. Zum Inhalt wollte er sich nicht äußern, dieser sei vertraulich.

Conte zufolge hat Merkel ihm darin zugesagt, dass der Entwurf der Erklärung für das Treffen, der Mittwoch öffentlich geworden war, "beiseite gelegt" werde. "Niemand kann denken, dass er über unsere Positionen hinweggehen kann", schrieb Conte. Der Nachrichtenagentur Ansa zufolge will sich Italien am Sonntag für europäische "Schutzzentren" in den Herkunfts- und Transitländern aussprechen. In ihnen solle entschieden werden, ob ein Migrant asylberechtigt ist oder nicht. Um "Todestransporte" - die Überfahrten mit seeuntüchtigen Booten - über das Mittelmeer zu stoppen, will Italien demnach die Beziehung zu Drittstaaten gestärkt sehen.

Außerdem fordert die Regierung in Rom eine stärkere Sicherung der Außengrenzen. Sonntag werde der italienische Vorschlag im Zentrum der Diskussion stehen und man werde zusammen über Vorschläge der anderen Länder diskutieren, so Conte. Über die am Sonntag in Brüssel diskutierten Fragen müsse beim EU-Gipfel Ende Juni weiter verhandelt werden. "Das Treffen wird nicht mit einem geschriebenen Text abschließen", sondern nur mit einem Überblick über die angesprochenen Fragen, fordert Conte.

Die italienische Regierung hatte auch inhaltlich Widerstand gegen den Entwurf der Erklärung gezeigt. Vor allem die Diskussion über Rücknahmeabkommen wird in Italien kritisch gesehen. Conte hatte zuvor erklärt, er werde nicht über Sekundärbewegungen innerhalb Europas diskutieren, bevor nicht das Problem der Primärbewegungen in Angriff genommen werde. Italien pocht auf die Überwindung der Dublin-Regeln und eine europäische Antwort darauf, dass gerettete Bootsflüchtlinge zum Großteil nach Italien gebracht werden.

Visegrád-Staaten boykottieren Gipfel

Gastgeber des Treffens am Sonntag ist EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Nach seinem Willen sollen die Teilnehmer um Kanzlerin Merkel auch eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg bringen, um die Weiterreise von Asylsuchenden zwischen EU-Staaten zu unterbinden. Neben Deutschland und Italien wollen daran unter anderem Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Spanien und Österreich teilnehmen. Die sogenannten Visegrád-Staaten wurden bei der Einladung nicht berücksichtigt.

Nichtsdestotrotz legten diese scharfen Protest gegen den für Sonntag einberufenen Sondergipfel ein. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bezeichnete das Treffen als "inakzeptabel". "Wir werden daran nicht teilnehmen, denn sie wollen einen Vorschlag wieder aufwärmen, den wir bereits abgelehnt haben", sagte der polnische Regierungschef nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus Tschechien, Ungarn und der Slowakei.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sagte, das von Deutschland angeregte Treffen verstoße gegen die Gepflogenheiten in der EU. Das angemessene Format sei der EU-Gipfel in der kommenden Woche. Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei gehören zur Visegrád-Gruppe; alle vier Staaten verfolgen eine harte Linie in der Flüchtlingspolitik und weigern sich, eine Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU umzusetzen.

Quelle: ntv.de, fzö/dpa/AFP

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