EU treibt Pläne voran Militäreinsätze gegen Schleuser bald konkret
14.05.2015, 18:59 Uhr
Ein Speedboat und ein Fast Rescue Boat der Fregatte "Hessen" nähern sich einem Schlauchboot mit in Seenot geratenen Flüchtlingen im Mittelmeer.
(Foto: dpa)
Von Beschuss durch Küstenartillerie bis hin zu ansteckenden Krankheiten: Die EU bereitet sich darauf vor, dass der geplante Kampf gegen libysche Schleuserbanden brandgefährlich werden könnte. Schon in wenigen Tagen stehen erste Entscheidungen an.
Die Europäische Union treibt mit Hochdruck die Vorbereitungen für Militäreinsätze gegen Schleuserbanden voran. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier geht davon aus, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) den Plänen vor dem Hintergrund der jüngsten Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer zustimmen wird. "Nach meinem Eindruck gibt es nicht ein prinzipielles Veto von einer der Veto-Mächte", sagte er am Rande eines Nato-Treffens im türkischen Badeort Belek.
Am Montag könnten bei einer EU-Ratssitzung in Brüssel bereits weitere Entscheidungen getroffen werden. Zu dem Treffen werden alle Außen- und Verteidigungsminister der 28 Mitgliedstaaten erwartet. Grundlage der aktuellen Vorbereitungen für einen Militäreinsatz ist ein als vertraulich eingestuftes Konzept der EU-Außenbeauftragten Federicia Mogherini.
Vier Phasen sollen greifen
Es sieht vor, den Kampf gegen die Schleuserbanden in vier Phasen zu untergliedern. In einem ersten Schritt würde demnach mit Hilfe von Geheimdienstinformationen und militärischen Aufklärungskapazitäten ein genaues Lagebild erstellt. In der zweiten Phase könnten Schiffe auf Hoher See gestoppt und beschlagnahmt werden. Schritt drei wäre die Zerstörung von Schiffen in libyschen Hoheitsgewässern oder sogar an der Küste des Bürgerkriegslandes. Sollte sich die Situation in Libyen stabilisieren, will die EU in Phase vier den dortigen Sicherheitskräften beim Wiederaufbau des Grenzschutzsystems unterstützen.
Die erhebliche Risiken der Pläne werden nicht verschwiegen. An der Küste des Libyens gebe es schlagkräftige Milizen und schwere Waffen inklusive Artilleriebatterien, die eine ernste Gefahr für in der Nähe operierende Schiffe und Flugzeuge der EU darstellen könnten, heißt es in dem Papier. Konkret führen die Autoren auch Gefahren durch Terroristen und Migranten oder Schleuser mit ansteckenden Krankheiten auf. Gesundheitsrisiken könnten sich demnach dann ergeben, wenn nach einem Einsatz auf See aufgegriffene Menschen an Land transportiert werden müssen.
Libyen stellt Problem dar
Als politisches Risiko der Pläne gelten mögliche negative Auswirkungen auf die UN-Friedensbemühungen in Libyen. Steinmeier sagte beispielsweise, er halte die Bedingungen für Operationen an Land derzeit nicht für gegeben. Seit Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 mit Unterstützung des Westens gestürzt wurde, ist die staatliche Ordnung in Libyen zusammengebrochen. Zwei Regierungen und Dutzende islamistische Milizen ringen um Einfluss. Vermittlungsbemühungen aus dem Ausland blieben bisher erfolglos.
Auch mit Blick auf das gewünschte Mandat des UN-Sicherheitsrats gibt es skeptische Stimmen. "Ich glaube, dass wir realistisch sein müssen. Ich glaube nicht, dass wir ein internationales Mandat bekommen werden, um Schiffe zu bombardieren und sie zu versenken", sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn in einem Interview von ARD und ZDF. Von den fünf Vetomächten gilt vor allem Russland als Staat, der überzeugt werden muss.
Die Nato hält sich deswegen mit Aussagen zu einer möglichen Beteiligung an dem Einsatz zurück. Bislang gebe es keine Bitte um "spezifische Unterstützung", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa